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Sex, Spiel und Konsum - drei ungewöhnliche Suchtformen

fotolia.de/ VadimGuzhva © fotolia.de/ VadimGuzhva

Ist von Suchtverhalten die Rede, denken viele Menschen zunächst an diverse pflanzliche, wie chemische Drogen. Das zurecht: Nikotinsucht und Alkoholismus standen, was die verbreitetsten Suchtformen anbelangt, in Deutschland jahrelang an vorderster Stelle. 2017 hat die Medikamentensucht jedoch den Tabak vom zweiten Platz verdrängt. Immer mehr Deutsche, zwischen 1,2-1,5 Millionen, scheinen abhängig von den Schmerzmitteln aus der Apotheke.

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Jedoch deckt der Begriff des Suchtverhaltens weitaus mehr Gebiete, als Alkoholismus und Medikamentensucht ab, an die zunächst kaum gedacht wird. So ist beispielsweise auch jeder Zwang eine Art von Suchtverhalten. Gegen aufmerksame Kontrolle von Haushaltsgeräten ist nichts einzuwenden, wer den Herd allerdings fünfzig Mal überprüft, neigt zu krankhaftem Verhalten. Von solchen Zwangserkrankungen sind ganze zwei Millionen Deutsche betroffen.

Drei weitere Suchtformen sind weit verbreitet, werden häufig aber kaum registriert. Es handelt sich um Sexsucht, auch Hypersexualität genannt, um Spielsucht und um Kaufzwang, bzw. Konsumsucht. Im Folgenden sollen diese Suchtarten genauer erläutert werden.

Hypersexualität

Der Begriff der Sexsucht taucht hin und wieder in den Medien auf, meist ist dann in Klatschmagazinen die Rede von Sexsucht bei Prominenten. Das Wort scheint sich dabei zu einer Art Modewort entwickelt zu haben und es darf angezweifelt werden, dass wirklich jeder dritte Prominente unter einer realen sexuellen Sucht leidet und so locker damit umgeht, wie es die Medien darstellen.

Denn die in Fachkreisen auch Hypersexualität genannte Erkrankung ist durchaus ernst zu nehmen: "Sexsucht als problematisches Verhalten gibt es tatsächlich", so Sexualmediziner Professor Uwe Hartmann vom Institut für Klinische Psychologie und Sexualmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover. "Allerdings entspricht es nicht eins zu eins einer substanzgebundenen Sucht." So kann Sex, im Gegensatz zu Nikotin, Alkohol oder chemischen Drogen, wie Kokain oder Heroin, keine physischen Entzugssymptome hervorrufen. Tatsächlich ist die Hypersexualität eher mit einer Zwangserkrankung zu vergleichen – daher auch ihr fachspezifischer Name.

Allerdings ist die Sucht nicht klar definiert. Es ist schwierig zu bestimmen, ab wann sexuelles Verhalten als Störung gilt und wann sie einfach nur extrem ausgeprägt ist. Denn eine gewisse Hemmungslosigkeit und eine Art Kontrollverlust und Rauschgefühl ist der sexuellen Entfaltung in natürlicher Weise gegeben. Die Sucht scheint sich dennoch besser über die Qualität, als über die Quantität bestimmen zu lassen. Sicherlich ist zehn Mal Sex oder Selbstbefriedigung am Tag kein normales und auf Dauer gesundes Verhalten; viel entscheidender scheint aber die Frage zu sein, ob der Betroffene sein Sexualverhalten überhaupt noch unter Kontrolle hat und ob er den Sex überhaupt noch genießt oder nur die Befreiung vom Druck danach genießt. Häufig nämlich scheint der Sex als eine Art Ventil, als Fluchtstrategie zu dienen, mittels derer anderer Probleme aus dem Weg gegangen wird.

Es gilt bei Hypersexualität, sich des gestörten Sexualverhaltens zunächst einmal selbst bewusst zu werden. Der Partner kann bei diesem Schritt in vielen Fällen eine echte Hilfe sein. Anschließend erfolgt professionelle Hilfe meist über Verhaltenstherapie oder Selbsthilfegruppen, in denen das Verhalten mit dem anderer geteilt wird und Lösungen gefunden werden können. Das Ziel der Therapie besteht selbstverständlich nicht in Abstinenz, wie beispielsweise bei einigen starken chemischen Drogen, sondern in kontrolliertem Umgang mit der eigenen Lust.

Spielsucht

„Suchterkrankungen sind psychische Störungen mit weitreichenden negativen Konsequenzen für den Betroffenen selbst und für die Gesellschaft. Deshalb müssen Präventionsangebote weiter ausgebaut und die rechtzeitige und angemessene Behandlung von Suchtkranken sichergestellt werden“, sagt Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer und spricht dabei nicht nur von Alkohol und Nikotin. Schon das spielerische Lernen beim Entdecken der Umgebung kann später zur Sucht und damit zu einer ernstzunehmenden Krankheit bei Kindern führen. Natürlich ist die Rede nicht vom Spiel der Kinder, sondern von Glücksspiel und der damit verbundenen Spielsucht – eine Sucht, von der rund 440.000 Deutsche betroffen sind. Am schlimmsten trifft es Sportwettensüchtige und Casino-Spieler, sowie, allen voran, Automatenspieler, deren Risiko für eine Abhängigkeit dreißig Mal höher ist, als das anderer Glücksspieler.

Ähnlich, wie bei der Hypersexualität ist nicht klar definiert, wann jemand spielsüchtig ist. Genau wie im Falle krankhaften Sexualverhaltens gilt auch hier, dass der vermeintlich Betroffene die Sucht zunächst selbst erkennen und sich eingestehen muss. Dabei kann es helfen, sich mittels einer Tabelle eine Übersicht über verschiedene Arten von Spielverhalten zu verschaffen und sich dann selbst ehrlich einzuordnen oder andere, nahestehende Personen beurteilen zu lassen, zu welchem Spielverhalten man neigt. Gesundes Spielverhalten beispielsweise unterscheidet sich dadurch von pathologischem Spielverhalten, dass der Spieler im einen Falle sein Spiel zeitlich begrenzen kann und auch damit aufhört, obwohl er vielleicht eigentlich noch Lust hätte, weiterzuspielen. Der spielsüchtige Spieler dagegen spielt meistens länger, als vielleicht im Voraus geplant und oftmals auch so lange, bis ihm kein weiteres Geld zum Spielen mehr zur Verfügung steht.

Wer die eigene Spielsucht erkannt hat und sie überwinden möchte, kann sich, ähnlich, wie bei Hypersexualität mit Selbsthilfegruppen eigenständig therapieren. Bei extrem ausgeprägtem Suchtverhalten und der Gefahr, seine Finanzen überhaupt nicht mehr unter Kontrolle zu haben, empfiehlt sich dagegen eine stationäre Therapie. Zum einen wird dabei das konkrete Spielverhalten des Spielers, sowie dessen langfristige Motivation abgeklärt. Zum anderen erfolgt eine umfassende Therapie, in der den Süchtigen der Umgang mit Geld von Grund auf neu beigebracht wird. Für das Glücksgefühl bei einem Gewinn, dass bei vielen Spielsüchtigen Hauptbestandteil der Sucht ist, muss eine Alternative gefunden werden. Auch diese kann während der Therapie mit den Patienten herausgearbeitet werden.

Kaufzwang

Der Kaufzwang, der manchmal auch mit Konsumsucht gleichgesetzt wird, ist in derlei Hinsicht mit der Spielsucht vergleichbar, dass er eine nichtstoffliche Sucht darstellt. Süchtig sind die Betroffenen vor allem nach einem Gefühl, dass durch eine psychische Befriedigung und häufig eine erhöhte Ausschüttung des Glückshormons Serotonin entsteht.

 Sobald nach dem Kauf Schuldgefühle entstehen und der Betroffene sich plötzlich bewusst wird, unkontrolliert gehandelt zu haben, sind diese ersten Anzeichen des Kaufzwangs als wichtige Hinweise auf eine eventuelle krankhafte Sucht zu deuten. fotolia.de ©Tinatin

Wie der Name bereits verrät, sind die Betroffenen süchtig danach, Dinge zu kaufen. Die Sucht ist auch hier ganz unterschiedlich ausgeprägt: Die einen sind süchtig nach dem Kauf ganz bestimmter Dinge, wie beispielsweise Handtaschen, die anderen befriedigen sich alleine damit, irgendetwas zu kaufen, sei es ein Buch, ein teures Kleidungsstück oder ein neuer Teppich für die Wohnung. Auch diese Sucht gleicht einem Zwang, dem inneren Zwang, kaufen zu müssen, komme, was wolle. Dabei verlieren die Betroffenen in den meisten Fällen die Kontrolle über sich und kaufen meist so hochfrequentiert und in derlei Mengen, dass finanzielle Probleme als dauerhafte Folgeerscheinung keine Seltenheit sind.

Wird dem Drang nicht nachgegangen, kann es beim Kaufzwang durchaus zu körperlichen Symptomen, wie Schweißausbrüchen und Zittern, sowie innerer Unruhe und im Extremfall sogar zu langfristigen Depressionen kommen. Die Schuldgefühle der Betroffenen, sich selbst nicht im Griff zu haben und die scheinbare Unmöglichkeit zur Änderung des Verhaltens, verstärken die Problematik.

Während in Deutschland wohl noch nicht ganz so viele Menschen unter dem Kaufzwang leiden, sind es in den USA ganze 6 Prozent der Frauen und 5,5 Prozent der Männer, die dauerhaft Symptome einer zwanghaften Kaufstörung zeigen. Senior Autor Lorrin Koran, MD, Emeritus für Psychiatrie und Verhaltensforschungen an der Stanford University School of Medicine sagt, dass viele Erwachsene sich ihrer Schuldenmisere einfach ergeben. "Die Ausweitung, zu der zwanghafter Kauf eine Rolle bei diesen Menschen spielt, verdient eine Untersuchung."

Auch wenn der Kaufzwang also noch weiter erforscht werden muss, um mögliche Ursachen und vernünftige Therapieformen entwickeln zu können, gibt es schon einige psychotherapeutische Ansätze, die Betroffenen weiterhelfen können. Oft liegen die Ursachen in frustrierenden Arbeitsbedingungen, schwierigen Beziehungen oder Konflikte mit der Familie, bei denen professionelle Hilfe häufig erfolgreicher ist, als der Versuch einer Eigentherapie.

Autor: Wissen Gesundheit - Redaktion

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