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Die Schattenseite des Profi-Sports: wenn Fußball nicht auf die Beine, sondern die Psyche geht

pixabay / jarmoluk © pixabay / jarmoluk

Die Fans jubeln im Stadion oder vor dem Fernseher, die Profispieler sind Idole für Groß und Klein, stehen stets im Licht der Öffentlichkeit und werden von den Vereinen entsprechend entlohnt. Ein Leben voller Ruhm und Luxus, so denken sich viele, die von einer Karriere im Fußball träumen, doch so einfach liegt die Sache nicht. In jedem Berufssport gibt es Leistungsdruck, Versagensängste, Rückschläge, die damit einhergehende negative Presse muss ebenso verarbeitet werden wie private Probleme, die von den Medien aufgegriffen und skandalisiert werden. Immer mehr Fußball-Asse bekennen sich mutig zu mentalen Problemen und eben damit auch den Weg zu frühzeitiger Hilfe für junge Athleten und besserer psychischer Betreuung aller Sportler.

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Zum Welttag der psychischen Gesundheit am 10. Oktober rückte das Thema verstärkt in die öffentliche Aufmerksamkeit, auch im Profisport. Die FIFA selbst hatte die Kampagne #Reachout gestartet, um auf mentale Probleme und die dunkle Seite des Leistungsdrucks hinzuweisen. Zahlreiche bekannte Fußballer meldeten sich zu Wort und sprachen offen über Depressionen, mangelnde Motivation, konstanten Erfolgsdruck und nervlichen Stress. Was sich langsam als Trendwende im Sport abzeichnet – dass dem psychischen Zustand der Spieler tatsächlich eine Bedeutung zugewiesen wird – hat lange Jahr auf sich warten lassen. Gerade in männlich dominierten Sportarten war das Sprechen über Gefühle lange verpönt, vor allem, wenn es ständig nur um die Verbesserung körperlicher Leistungsfähigkeit geht. Jonas Baer-Hoffman, Generalsekretär der internationalen Spielergewerkschaft FIFPro, erklärte dazu im Interview mit DW.com, dass in diesem Bereich nach wie vor viel in Nöten liegt: „Wir haben zwar die Aufmerksamkeit mehr auf die psychische Gesundheit gelenkt, aber aus einer Leistungsperspektive heraus. Die Leistungsfähigkeit soll optimiert werden. Wir blicken nicht auf das ganzheitliche Wohlbefinden."

Sich nach außen hin hart geben zu müssen, während es in der Seele düster aussieht, wurde dem nationalen Torhüter Robert Enke 2009 zum Verhängnis. Seit 2003 hatte er sich mehrere Jahre in psychischer Behandlung von Depressionen befunden, bevor er 2009 verstarb. Seine Witwe Teresa Enke gründete in seinem Namen die Robert-Enke-Stiftung, um das Bewusstsein für Depressionen, insbesondere im Spitzensport und bei jungen Athleten, zu stärken. Seit dem tragischen Ereignis hat sich tatsächlich Einiges getan, viele Teams besitzen mittlerweile wenigstens Psychologen, die Spieler betreuen. Wirklich gelöst ist das Problem damit noch lange nicht.

Mentale Probleme, die oft vom Erfolgsdruck stammen- das ist noch immer ein Tabuthema. Was zählt ist die Performance auf dem Feld – die Fans dürfen nicht enttäuscht werden, auf den Spielausgang werden lukrative Wetten abgeschlossen. Wer seine Position behält oder ersetzt wird, darüber kann schon eine kurze Durststrecke entscheiden. Auch nach großen Erfolgen kommt oft die Leere danach und die Frage nach dem Sinn. Kommen dann noch private Probleme hinzu – sei es eine Trennung oder ein Todesfall in der Familie, liegt es oft an den Spielern allein damit fertig zu werden. Auch Verletzungen oder andere gesundheitsbedingte Auszeiten können die Seele belasten – besonders wenn dies einen Ausfall bei wichtigen Turnieren nach sich zieht.

Zum Welttag der psychischen Gesundheit meldeten sich unter anderem die Spieler des Schweizer Vereins BSC Young Boys zu Wort, um dem Thema das Stigma zu nehmen. Fünf der Profis aus dem Verein sprachen in einem Video-Clip ganz offen über ihre Gefühle. Nationalspieler Cédric Zesiger beispielsweise erklärte das Tief nach einem Hoch: „Nach großen Anstrengungen und Erfolgen kann es sein, dass man sich manchmal leer fühlt. Die Motivation schwindet, und man fragt sich, weshalb man das überhaupt macht. Ich bin froh, dass ich Menschen kenne, die einem in solchen Situationen helfen.” Das Team beschäftigt eine Mentaltrainerin, die die Spieler aktiv dabei unterstützt mentale Probleme zu verbalisieren und miteinander zu teilen.

Mannschaftskollegen, denen man vertraut und an die man sich wenden kann, wenn es einem nicht so gut geht – das ist extrem wichtig. Bisher sprachen viele Profis erst nach dem offiziellen Ende ihrer Karriere vom enormen Leistungsdruck und psychischen Belastungen. Roberto Martinez, Ex-Spieler und derzeitiger Trainer der belgischen Nationalmannschaft äußerte sich im Rahmen der #ReachOut Kampagne zur Problematik und betonte zu seiner Zeit als Mittelfeldspieler war es einfach nicht angebracht Schwäche zu zeigen. „Damals herrschte das Gefühl, dass wir alle Superhelden sein sollten.“

Auch Ottmar Hitzfeld, einer der erfolgreichsten Trainer der deutschen Fußballgeschichte, wartete lange und bis nach seinem Abschied in den Ruhestand, bis er ganz offen über die Folgen seines stressreichen Jobs, Burnout und andauernde mentale Gesundheitsprobleme sprach. Schon 1991, als er zum ersten Mal mit Borussia Dortmund einen Verein übernahm, plagte ihn extremes Heimweh, worüber er jedoch natürlich nicht reden wollte. Über seine Karriere und viele Trainerstationen hinweg fühlte er sich oftmals entwurzelt, isoliert und war stets von Schlafstörungen geplagt. Zum Reden hatte er im Sport niemanden, Freundschaften unter den Trainern gebe es keine. „Der Trainer muss alles mit sich selbst ausmachen“, erklärte er jüngst im Gespräch mit SWR, als er offen zugab seine gesamte Laufbahn hindurch mit mentalen Problemen gekämpft zu haben. Als er endlich im Mai 2008 abdankte, waren es keine Tränen der Dankbarkeit beim Abschied, sondern der Erleichterung.

Hat der Sport also nur Nachteile aus psychischer Sicht? Wenn es um Hochleistungssport geht, ist diese tatsächlich ein schwieriges Thema, ganz gleich, ob im Fußball oder in anderen Disziplinen, wie der Fall Simon Biles kürzlich bestätigte. Doch gerade auf Amateurebene können Teamgeist und Verbundenheitsgefühl, besonders auch für junge Menschen, eine wichtige Rolle spielen, um Einsamkeit, Isolierung und Selbstzweifel zu überkommen.

Autor: Wissen-Gesundheit Redaktion

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