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Feindbild Frau
Sexuelle Belästigungen, Vergewaltigungen, Sexualmorde: Sexuelle Gewalt ist ganz überwiegend männlich. Den Gründen für dieses Phänomen versucht Privatdozent Dr. Rolf Pohl vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Hannover auf die Spur zu kommen. | ||
Teil des männlichen Selbstbildes sei immer die Abgrenzung zum so genannten schwachen Geschlecht. Deshalb sehen sich Männer als stark, autonom und überlegen. Doch gleichzeitig ist die Frau die Quelle ihrer sexuellen Lust und Befriedigung. Und gerade weil sie das ist und der Mann die Frau braucht, stellt sie die Stärke, Autonomie und Überlegenheit des Mannes in Frage. Und dafür wird sie bestraft.
„Es ist das eigene sexuelle Begehren, das dem Mann die Kontrolle nimmt und für das die Frau verantwortlich gemacht und deshalb bestraft wird“, erläutert Pohl die immer wiederkehrenden Verhaltensmuster.
Wie entsteht eine Männlichkeit, die Frauen unbewusst als feindlich wahrnimmt? Laut Pohl geschieht dies zwangsläufig durch die eine hierarchische Geschlechterordnung. Durch männliche Initiationsriten, Männlichkeitsbeweise von Einzelnen und in Gruppen wird der Überlegenheitsmythos genährt und Basis für Gewalt gegen Frauen gelegt.
Oder anders ausgedrückt: Überlegenheitsansprüche des Mannes entstehen unter dem Druck einer hierarchischen Geschlechterordnung und sind die Grundlage für Feindseligkeiten – nämlich dann, wenn der Mann merkt, dass er die Frau, die ja eigentlich unterlegen sein sollte, in Wahrheit braucht.
Pohl wendet sein Männlichkeitsmodell beispielhaft auf drei Phänomene an, für die immer wieder – oft vergeblich – Erklärungen gesucht wurden: Massenvergewaltigungen nach Kriegshandlungen, männliche Sexualstraftaten und jugendliche Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft.
Interesse an dem Thema zeigten verschiedenste gesellschaftliche Gruppen. Neben psychoanalytischen Ausbildungsinstituten und Bewährungshelfern auch die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. „Die Armee-Führungen wissen, wie schwierig die Integration von Frauen in die Armee ist.
Mit reinem Gender Training, in dem Umgangsformen geübt werden, ist es nicht getan. Man muss das Verhältnis zur Weiblichkeit thematisieren, sonst kommt man an die männlichen Angstpotenziale nicht heran“, erklärt Pohl die Zusammenhänge und weist auf eine repräsentative Studie hin, nach der 88 Prozent der deutschen Männer unbewusst Angst vor Frauen und 84 Prozent Angst vor Potenzversagen haben.
Pohls Erkenntnisse sind nachzulesen in seinem Buch: „Feindbild Frau. Männliche Sexualität, Gewalt und die Abwehr des Weiblichen“, das Ende 2004 im hannoverschen Offizin-Verlag herausgekommenen ist.