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Neue Bandscheibe – und viele falsche Hoffnungen
Von chronischen Rückenschmerzen wissen die meisten Menschen ein Lied zu singen. Für den Fall, dass eine der Bandscheiben die Verursacherin ist, gibt es bald schnelle Hilfe. An der Charité in Berlin wurde eine Bandscheiben-Prothese entwickelt, die innerhalb von 90 Minuten eingesetzt werden kann. „Sie funktioniert wie eine gesunde Bandscheibe, ist sowohl stabil als auch beweglich“, sagt Klinikdirektor Prof. Wolfgang Ertel in einem Interview mit der Bild (1.9.2005). | ||
Die neue Prothese besteht aus zwei Metallplatten, die gut körperverträglich sind. Die Metallplatten haben eine Titan-Beschichtung, die das Anwachsen des Wirbelkörpers an die Prothese ermöglicht. Zwischen den Metallplatten sitzt ein Kunststoffkern, der wie ein Gelenk funktioniert und der die Rolle des galertartigen Kerns der Bandscheibe übernimmt. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten.
Geeignet ist solch eine Bandscheibenprothese für Patienten in einem Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Bei Knochen- und Gelenkerkrankungen, wie Osteoporose und Arthrose, ist das Verfahren ungeeignet. Auch Entzündungen und bösartige Geschwulste sind Ausschlusskriterien.
„Diese Methode ist sicherlich ein Segen, wenn tatsächlich eine Bandscheibe den Schmerz verursacht. Das Operationsverfahren ist schonend, und der notwendige Klinikaufenthalt von etwa drei Tagen ist wirklich sehr kurz“, sagt Dr. Günter Gerhardt. Er merkt aber kritisch an, dass es meist nicht die Bandscheibe sei, welche die Schmerzen verursacht. „Nur in fünf Prozent der Fälle ist die Bandscheibe schuld, und von diesen fünf Prozent müssen nur fünf Prozent operiert werden“, sagt Dr. Günter Gerhardt. „In den meisten Fällen handelt es sich um Muskelverspannungen aufgrund von falscher und mangelnder Bewegung. Der weitere Hauptgrund von Rückenschmerzen sind Funktionsstörungen der kleinen Wirbelgelenke, die zwischen den Wirbelkörpern sitzen.“ Dr. Gerhardt bezeichnete die Bildschlagzeile „Nie mehr Rückenschmerzen“ ausdrücklich als ein Wecken von falschen Hoffnungen. „Die Kombination von rückenfreundlicher Gymnastik und Entspannung ist immer noch die Hautsäule bei der Therapie.“
Autor: Beatrice Wagner; Quellen: Bild v. 1.9.2005, www.die-kuenstliche-bandscheibe.de, Interview mit Dr. Gerhardt; Stand: 1.9.2005