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Sedative verdoppeln Sterberisiko bei Demenz
Britische Wissenschaftler haben die weit verbreitete Verschreibung von Sedativen an Demenz-Patienten in Großbritannien scharf kritisiert. Eine Studie unter der Leitung des King's College London ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die langfristige Einnahme das Risiko eines frühen Todes verdoppelt. Rund 100.000 Briten in Pflegeheimen werden laut BBC routinemäßig antipsychotische Medikamente gegen Aggressionen und Ruhelosigkeit verschrieben. Die derzeitigen Richtlinien der Regierung gestatten die kurzfristige Verabreichung dieser Medikamente an Patienten, die schubweise unter derartigen Zuständen leiden. Die aktuellen Zahlen legen jedoch nahe, dass diese Medikamente zu häufig und durchschnittlich für die Dauer von ein bis zwei Jahren verabreicht werden. Details der Studie wurden in The Lancet Neurology veröffentlicht.
Die aktuelle Studie ist nicht die erste, die vor den Gefahren dieser Verschreibungspraxis warnt. Nach einer 2005 in Amerika veröffentlichten Studie bestimmte die U.S. Food and Drug Administration , dass diese Medikamente mit strengen Warnhinweisen für die Verwendung bei Demenz-Patienten versehen werden. An der neuen Studie nahmen 165 Alzheimer-Patienten aus Heimen in Oxfordshire, Tyneside, London und Edinburgh teil. Die Behandlung wurde entweder fortgesetzt oder für ein Jahr durch Blindpräparate ersetzt. Es zeigte sich ein deutlicher Anstieg des Sterberisikos bei den Patienten, die die Medikamente während der Dauer der Studie weiter einnahmen. Nach zwei Jahren waren noch 46 Prozent dieser Patienten am Leben. Von den Patienten, die Blindpräparate erhalten hatten, waren es 71 Prozent. Nach drei Jahren lebte noch ein Drittel der ersten Gruppe und zwei Drittel der zweiten.
Die Wissenschaftler argumentierten, dass die meisten Aggressionsschübe bei dementen Patienten in sich abgegrenzt seien und vorübergingen. Eine bessere Ausbildung des medizinischen Personals könnte daher die Einnahme der Medikamente überflüssig machen. Der leitende Wissenschaftler Clive Ballard betonte, dass diese Medikamente bei Patienten mit kurzfristigen schweren Aggressionsschüben angebracht seien. Die aktuelle unnötige und langfristige Verschreibungspraxis werde jedoch durch die Ergebnisse der Studie in Frage gestellt. Mitautor Robin Jacoby von der University of Oxford erklärte, dass eine Vielzahl von Medikamenten ohne jeden guten Grund verschrieben würde. Eigentlich handle es sich einfach um eine Frage der entsprechenden Ausbildung des Personals. Es sei derzeit auch noch nicht erforscht, warum die Einnahme das Sterberisiko erhöhe. Denkbar sei jedoch, dass die Patienten weniger aktiv und daher anfälliger für Infektionen des Brustraumes und Lungenentzündungen würden.
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