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Ohr komplexer als angenommen
Eine neue Entdeckung könnte die bisherige Vorstellung der Geräuschumwandlung durch das Ohr auf den Kopf stellen. Wissenschaftlern der Stanford University School of Medicine gelang es durch feinere Messtechnik erstmals, Ionenkanäle genau zu verorten. Darunter versteht man Mechanismen zur Geräuschumwandlung, die auf den feinen Haarzellen der Ohren geschehen. Diese Ionenkanäle befinden sich an anderer Stelle als man schon seit langer Zeit angenommen habe, so die Forscher im Journal Nature Neuroscience. Das bisherige Hörmodell wird durch diese Erkenntnis in Frage gestellt, auch könnten medizinische Behandlungen des Gehörverlusts in Zukunft einer Änderung bedürfen.
Die Haarzellen im Innenohr sind die Schlüsselstelle, an denen akustische Schallwellen in Nervenaktivität umgewandelt werden. An ihrer Spitze verfügen sie über haarähnliche, als Stereozilien bezeichnete Fortsätze, die nach aufsteigender Länge angeordnet sind. Treten Geräuschimpulse ein, beugen sich die Stereozilien leicht. Man geht davon aus, dass sich dabei kleine Poren öffnen, die so genannten Ionenkanäle. Mechanische Vibrationen werden durch positive Ladung dieser Ionen in elektrochemische Signale umgewandelt, die über den Hörkanal in die Hörregionen des Gehirns weitergeleitet und hier als Geräusch wahrgenommen werden. Die Existenz dieser Ionenkanäle war bisher eine theoretische Überlegung, da ihre Verortung bisher nicht nachgewiesen werden konnte.
Um die genaue Position der Kanäle zu erheben, bespritzten die Wissenschaftler die Stereozilien von Ratten mit feinen Wasserstrahlen. Der Druck des Wassers bog die Fortsätze und bewirkte den Einfluss von Kalzium in die Haarzellen. Mittels hochauflösender Kameras, die 500 Bilder pro Sekunde liefern, konnten die Stellen festgehalten werden, an denen das Kalzium erstmals in die Zelle strömte. Jeder dieser Eintrittspunkte war der Hinweis auf einen Ionenkanal. Die Ionenkanäle lagen jedoch nicht wie bisher stets angenommen auf den längsten Sterozilien-Reihen, sondern auf den mittleren und kürzeren.
Dieses Wissen könnte einige Vorgänge des Ohrs neu erklären, unter ihnen bestimmte Schutzmechanismen gegenüber akustischen Traumata des Trommelfells, der Nerven oder des Gehirns. Denn Ionenkanäle wandeln nicht nur Vibrationen in elektrische Signale um, sondern schützen das Ohr auch vor zu lauten Geräuschen durch Anpassung. Ist dieser Prozess altersbedingt oder in Folge zu lauter Geräusche gestört, besteht die Gefahr eines Gehörverlusts.
Autor: Johannes Pernsteiner; pressetext.at; Stand: 30.04.2009Weitere Themen:
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