News
Suchtwirkung von Beruhigungsmitteln bewiesen
Wer häufig Schlaf- oder Beruhigungsmittel einnimmt, gewöhnt sich nicht nur an sie, sondern kann dabei auch süchtig werden. Das bestätigen nun Wissenschaftler der Universität Genf in der Fachzeitschrift "Nature". Mit Unterstützung vom Schweizerischen Nationalfonds konnten sie nachweisen, dass diese Medikamente im Gehirn die Kontrollmechanismen des Belohnungssystems abbauen. Mit der Zeit werden so abwägende Entscheidungen unmöglich gemacht und zwanghaftes Suchtverhalten ausgelöst.
Medikamente mit Rundum-Schlägen
Schlaf- und Beruhigungsmittel wie etwa Temesta, Dalmadorm oder Valium gehören zur Klasse der Benzodiazepine. Schon bisher war bekannt, dass nach regelmäßiger Einnahme ein Gewöhnungseffekt eintritt und die Missbrauchsrate sehr hoch ist. Umstritten war jedoch bisher, ob sich dabei tatsächlich eine Sucht entwickelt. Dieser Nachweis gelang dem Genfer Forscherteam um Christian Lüscher nun, indem es die zu Grunde liegenden molekularen Mechanismen entschlüsselte.
Benzodiazepine docken sich an bestimmte Eiweiße der Nervenzellen-Oberfläche an, die als "GABA(A)-Rezeptoren" bezeichnet werden. Die derzeit verfügbaren Medikamente dieser Klasse binden sich an alle Untereinheiten dieses Rezeptors und lösen dabei jeweils unterschiedliche Funktionen aus. So lösen sie etwa Angst, heben epileptische Krämpfe, fördern Schlaf oder machen jedoch auch süchtig.
Suchtfunktion kann ausgeschaltet werden
Die Forscher wiesen nach, dass die Suchtwirkung der Benzodiazepine auf eine als "alpha1" bezeichnete Rezeptor-Untereinheit zurückgeht. Der Mausversuch zeigte, dass Benzodiazepine Hirnfunktionen verändern und das Belohnungssystem aktivieren. Darüber hinaus verlangten die Tiere nach einigen Tagen von zwei Zuckerwasser-Flaschen immer mehr diejenige, die gelöste Benzodiazepine enthielt. Mutanten-Mäuse ohne alpha1 kontrollierten hingegen ihr Belohnungssystem auch weiter und wurden nicht süchtig.
Diese Erkenntnis stellt der medizinischen Forschung neue Aufgaben. Denn die Fähigkeit der Benzodiazepine, Angstzustände zu lösen, geht auf seine Bindung an eine andere Untereinheit namens "alpha2" zurück. "Das spricht dafür, dass die Entwicklung eines Wirkstoffes möglich ist, der ebenso Angst löst, jedoch nicht süchtig macht. Bisher wurden jedoch noch keine dieser selektiv auf bestimmte Untereinheiten wirkenden Substanzen klinisch entwickelt", so Lüscher. Dringend sei dies, da von Ängsten geplagte Menschen besonders suchtgefährdet sind.
Autor: Johannes Pernsteiner; pressetext.ch; Stand: 11.02.2010Weitere Themen:
- Wie kann CBD die Gesundheit positiv beeinflussen? - Was ist CBD genau?
- Gesundheit und kryptowährungen: eine neue perspektive
- Den Elektriker rufen oder doch selbst machen? Darauf gilt es zu achten.
- Kleines vs. großes Blutbild – alles Wissenswerte zusammengefasst
- Psychische Gesundheit im Alter: So lässt sie sich unterstützen