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Gesichter zuordnen für viele eine Überforderung

Bekannte Gesichter erkennen die meisten Menschen auf den ersten Blick, unabhängig von Betrachtungswinkel, Lichtverhältnis oder der Frisur. Das gelingt jedoch nicht jedem. Rund 2,5 Prozent der Menschheit leidet an Gesichtsblindheit, im Fachterminus "Prosopagnosie" genannt. Die Schwäche geht auf Vererbung oder Gehirnschädigung zurück.

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"Gesichtsblinde können Gesichter nicht Menschen zuordnen. Darüber hinaus sind auch weitere Funktionen eingeschränkt. Sie wissen zwar etwa, ob ein Gesicht attraktiv ist oder können Gefühle ablesen. Bei der Beurteilung, ob ein Gesicht markant ist, versagen sie aber", berichtet der Bamberger Mediziner Thomas Grüter im pressetext-Interview. Seine Forschungen zum Phänomen wurden kürzlich in der Zeitschrift "Visual Cognition" veröffentlicht.

Bekannte am Gehstil erkennen

Wie sich das Leiden äußern kann, zeigt die Septemberausgabe der Zeitschrift "Cortex". Forscher untersuchten einen Mann und dessen zwei Töchter, die alle drei seit Geburt gesichtsblind sind. Sie sehen normal, sind intelligent und gebildet und auch sozial bestens integriert. Sie wissen, wie ein Gesicht aussieht und können an ihm ohne weiters Emotionen oder das Geschlecht ablesen. Zeigt man ihnen Gesichter unter sich ändernden Lichtbedingungen oder Blickwinkeln, klappt die Wiedererkennung aber nicht mehr. Eine der Töchter fand etwa ohne Mühe auch kleine Unterschiede zwischen zwei Gesichtern - doch nur, solange diese im gleichen Winkel gezeigt wurden.

Die Ergebnisse bestätigen, dass Prosopagnosie sehr wahrscheinlich erblich ist und dass die Ausprägungen selbst bei Geschwistern teils unterschiedlich sind. "Bei Menschen mittleren Alters überrascht das nicht. Denn jede Person entwickelt ihre eigene Taktiken, um die Schwäche auszugleichen", so Grüter. Zu diesen Strategien gehört etwa, Menschen an der Stimme oder an der Gangart zu identifizieren. Geläufig sind außerdem Entschuldigungen. "Werden Sie auf das Übersehen angesprochen, sagen Betroffene oft, sie hätten ihre Brille vergessen oder seien gedankenversunken gewesen. Viele meiden deshalb den Blick ins Gesicht."

Kein Bild vom Frühstück

Gesichter erhalten von unserem Gehirn eine Sonderbehandlung. Schon sehr früh in der Kette des visuellen Verarbeitungsspfades, der vom Auge zum visuellen Kortex und schließlich zu Schläfen- bzw. Seitenlappen verläuft, filtert es Gesichter heraus und bearbeitet sie getrennt. Sozial relevante Gesichtsinformationen gehen dabei andere Wege als jene, die zur Wiedererkennung nötig sind. "Nachweisen lässt sich das dadurch, dass bei Verletzungen bestimmter Areale im Schläfen- oder Hinterhauptlappens öfters nur die Wiedererkennung beeinträchtigt ist", so Grüter.

Der Fehler kann bei mehreren neuralgischen Punkten liegen. "Entweder bei der Aufbereitung des gesehenen Gesichtsbildes, bei der Speicherung oder auch beim Abruf dieses Bildes, wenn benötigt. Sobald nur eine dieser Aufgaben nicht funktioniert, wird die Wiedererkennung zum Problem", erklärt der Experte. Allein in Deutschland sind über eine Million Menschen davon betroffen. Die meisten von ihnen gehören auch zur weit größeren Gruppe jener, die zu keinen oder zu bloß rudimentären inneren Bildern fähig sind. "Diese Menschen können sich etwa nicht vorstellen, wie der heutige Frühstückstisch ausgesehen hat. Anhand dieser Aufgabe wurde das Phänomen Ende des 19. Jahrhunderts erstmals vom englischen Naturforscher Francis Galton beschrieben."

Peinliche Begegnungen

Gesichtsblindheit ist keine Krankheit, sondern eine Schwäche, die die meisten dank ihrer Kompensationsstrategien gut im Griff haben, betont der Experte. Viele Betroffene sind sich dieser Schwäche gar nicht bewusst. "Auch wenn man mit gestörter Gesichtserkennung gut leben kann, sind dennoch peinliche Begegnungen und somit auch Leiden vorprogrammiert. Um schon früh Gegenstrategien zu vermitteln, wäre ein kurzer Fragebogentest beim Kinderarzt hilfreich. Davon sind wir aber noch weit entfernt", so Grüter.

Autor: Quelle: Pressetext.de, Johannes Pernsteiner, Stand 13.09.2010

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