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Wie das Gehirn Fingerfertigkeit speichert
Hochkomplexe Bewegungsabläufe der Finger auf der Geige oder dem Klavier organisiert das Gehirn, indem es beim Lernen häufig auftretende Muskelbewegungen in Erinnerungsbausteinen speichert. Dies zeigen aktuelle Studien an Musikern von Neurologen der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Das Speichern komplizierter Bewegungsmuster in Modulen ermögliche es dem Gehirn, die Abläufe bei Bedarf schnell abzurufen, erläutern die Forscher des Universitätsklinikums Leipzig. Dies spare Energie, Zeit und erlaube dem Musiker besondere Virtuosität.
Eine Beethoven-Sonate auf dem Klavier, geschickte Schnitte und Nähte eines Chirurgen bei einer Operation oder das Tippen eines Textes auf der Tastatur – ausgeprägte Fingerfertigkeit unterscheidet den Menschen von anderen Primaten. Seit vielen Jahren spüren Wissenschaftler deshalb der Frage nach, wie das Gehirn komplexe Bewegungsprozesse kontrolliert und speichert. Um dies zu klären, untersuchten Wissenschaftler um Studienleiter Professor Dr. med. Joseph Claßen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Leipzig, zusammen mit Würzburger Kollegen die Handgriffe von 15 ausgebildeten Musikern – neun Geigern und sechs Pianisten.
Die Forscher ließen die Probanden auf ihrem Instrument bestimmte Übungsstücke spielen und zeichneten dabei die Griffe der linken Hand auf. Anschließend analysierten sie die einzelnen Bewegungsabläufe bis ins Detail und gliederten sie in Bewegungsmuster. Im zweiten Schritt lösten die Forscher bei den Musikern mithilfe einer am Kopf platzierten Magnetspule spontane Bewegungen der Hand aus. Diese schmerzfreie sogenannte transkranielle Magnetstimulation (TMS) regt bestimmte Verbände von Nervenzellen im Gehirn dazu an, elektrische Impulse zu feuern. Dies führt dazu, dass die Finger der Probanden unwillkürlich zucken. Die Analyse dieser spontanen Fingerbewegungen ergab erstaunliche Übereinstimmungen: Es waren Elemente genau jener Muster, die Hände und Finger auch beim Spielen auf dem Instrument vollführen – jedoch in diesem Fall gänzlich unbewusst. Im Gegenversuch mit 17 Nichtmusikern sahen diese Zuckungen zudem anders aus, wie die Mediziner in der Fachzeitschrift „Current Biology“ berichten.
Die Erklärung finden die Forscher im jahrelangen Training der schwierigen Bewegungsabläufe mit bis zu 10 000 Übungsstunden: Das Gehirn der Musiker scheint die Gemeinsamkeiten einzelner Bewegungen zu erkennen und beim Üben in Modulen abzuspeichern, so die Forscher der Medizinischen Fakultät Leipzig. Dadurch muss etwa ein Geiger bei der Darbietung eines Stückes nicht jede einzelne Muskelaktivität bewusst planen und abrufen. „Die Musiker haben die Bewegungsmuster durch das intensive Üben buchstäblich verinnerlicht“, sagt Professor Claßen. „Bei komplizierten motorischen Aktivitäten spart das Gehirn mit dem Abrufen der Grundmodule sowohl Zeit als auch Energie. Davon profitiert auch die Geschicklichkeit – denn die Musiker können ihre Stücke mit größerer Leichtigkeit, Präzision und Geschmeidigkeit spielen.“
Autor: Medizinkommunikation StuttgartWeitere Themen:
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