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Zwangserkrankung: Die verheimlichte Krankheit
Zwangserkrankungen komen häufiger vor als landläufig angenommen. Zwei bis drei Prozent der Menschen erkranken im Laufe ihres Lebens an zwanghaften Störungen. Die Erkrankung ist in den letzten Jahren verstärkt in den Aufmerksamkeitsfokus gerückt. Sie kann sich ganz unterschiedlich äußern, etwa in Form von Reinigungs- oder Waschzwängen, Kontrollzwängen, Wiederholungszwängen sowie Zwangsgedanken mit aggressiven oder sexuellen Inhalten. "Gemeinsame Kennzeichen einer Zwangserkrankung sind: aufdringliche, sich wiederholende und unangenehme Gedanken, meist gefolgt von ritualisiertem Verhalten", erklärt Nirmal Herbst, Psychologe am Universitätsklinikum Freiburg im Gespräch mit pressetext.
Durch die Zwangsgedanken werden bei den Betroffenen negative Gefühle hervorgerufen. Die darauf folgenden Zwangshandlungen zielen darauf ab, die Zwangsgedanken zu neutralisieren. "Man spricht dann von einer Zwangserkrankung, wenn diese Gedanken oder Handlungen Leiden verursachen", sagt Herbst. Eine Zwangserkrankung könne aber auch entweder nur aus Zwangsgedanken oder nur aus Zwangshandlungen bestehen. "Die Häufigkeit der Erkrankung unterscheidet sich nicht wesentlich über verschiedene Kulturen, was als Hinweis einer genetischen Komponente der Erkrankung gesehen wird", erklärt der Psychologe. Jedoch variierten die Inhalte der Gedanken und Befürchtungen abhängig von der äußeren Umgebung.
Schuld- und Unzulänglichkeitsgefühle
Betroffene leiden häufig an Schuld- und Unzulänglichkeitsgefühlen, deswegen wird die Krankheit häufig vor anderen Personen verheimlicht. Dementsprechend werden Zwangserkrankungen gerne auch als "verheimlichte Krankheit" bezeichnet. "Zwangserkrankungen können erfolgreich therapiert werden", sagt Herbst. Eine psychotherapeutische Behandlung nach dem Konzept der Verhaltenstherapie ist die Heilungsart der ersten Wahl. "Wenngleich eine erfolgreiche Therapie existiert, ist diese häufig nicht verfügbar. Vor einer Psychotherapie stehen oft sehr lange Wartezeiten. Aufgrund regionaler Unterversorgungen müssen lange Entfernungen überwunden werden oder die Hemmschwelle ist aufgrund starker Schamgefühle eingeschränkt", erklärt der Experte.
Am Universitätsklinikum Freiburg wird derzeit eine Internettherapie für Zwangserkrankungen auf ihre Wirksamkeit untersucht. Studienteilnehmer weden derzeit aktiv gesucht. Das Programm "Zwänge Aktiv Konfrontieren" hat insgesamt 40 Therapieplätze für Betroffene zur Verfügung. Interessierte können sich über die Projekthomepage anmelden.
"Mit der Internettherapie begeben wir uns in Freiburg auf Neuland", sagt Herbst. Das Programm wird im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie überprüft, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Menschen mit Zwangserkrankungen erhalten daher eine freiwillige und kostenlose psychotherapeutische Behandlung. Therapeutische "Gespräche" erfolgen hierbei ausschließlich in schriftlicher Form über das Internet. "Das neue Angebot soll auch eine Lücke in der Versorgung von Zwangserkrankten schließen", erklärt Herbst.
Autor: pressetext.de, Oranus Mahmoodi (Stand: 08.07.2011)Weitere Themen:
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