Tipp des Tages
Leberzirrhose: Auf den richtigen Lebensstil kommt es an
Bei dem Wort Leberzirrhose (=Schrumpfleber) denken sicherlich viele Leser direkt an Alkoholmissbrauch. Und tatsächlich ist Alkohol auch ein schweres Lebergift, das für fast 50 Prozent der Leberzirrhosen verantwortlich ist. Aber hinter den anderen 50 Prozent der Leberzirrhosen stecken vor allem Hepatitis B und C, sowie einige Immunkrankheiten, zu denen auch die Mukoviszidose gehört. Also wenn Ihnen jemand von seiner Leberzirrhose erzählt, tun Sie ihn nicht gleich in die „Säuferschublade“.
Anzeichen für eine Leberzirrhose
Wer unter einer Leberzirrhose leidet, kommt meist wegen allgemeiner Beschwerden zum Arzt. Das heißt, er fühlt sich müde, antriebsschwach und abgeschlagen. Dazu kommen Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Verdauungsbeschwerden und vielleicht ein Druckgefühl unter dem Brustbein oder unter dem rechten Rippenbogen, dort wo die Leber sitzt. Dennoch weiß ein Arzt meist sofort Bescheid. Denn eine Lebererkrankung geht mit zahlreichen typischen Merkmalen am ganzen Körper einher. So haben diese Männer und Frauen einen aufgeblähten Bauchraum mit Wasseransammlungen und sehr schlanke Arme und Beine mit wenig Muskeln. Beim Mann zeigt sich zudem eine leichte Brustbildung, ein Verlust der Brustbehaarung und eine Hodenschrumpfung. Das hat negative Auswirkungen auf die Sexualität. Ursache ist ein schlechter Abbau des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen in der Leber.
Sehr typisch ist auch ein Juckreiz am ganzen Körper, eine Gelbfärbung des Augenweiß, kleine spinnenartig aussehende Gefäße in der Haut und vieles mehr. Wenn der Arzt dann noch die Leber abtastet, ist diese entweder deutlich vergrößert, weil sich in ihr noch Entzündungsvorgänge abspielen. Oder sie ist nicht mehr tastbar, weil die Entzündungen schon vernarbt sind und die Leber von funktionslosem Bindegewebe durchzogen wird. So kann sie nicht mehr arbeiten. Dies führt zu einer Beeinträchtigung aller innerer Organe. Jetzt helfen nur noch eine Lebertransplantation oder ein Wunder. Ich muss Ihnen das so drastisch schildern, weil viele Menschen gar nicht wissen, was sie sich mit ihrem alkoholreichen Lebensstil alles antun. Trinksprüche lassen dies vermuten, wie etwa jener: „Zwischen Leber und Milz passt immer noch ein Pils.“
Wenn ein Arzt noch Gewissheit haben will, dann macht er Laboruntersuchung des Blutes; bei kleinen Schädigungen der Leber ist die Gamma-GT (Gamma Glutamyl-Transferase) oft der erste Wert, der leicht erhöht ist. Der Normwert liegt bei Männern unter 66 U/l, bei Frauen unter 39 U/l.
Therapie
Was aber tun, wenn Anzeichen auf eine Leberzirrhose hindeuten? Erst einmal eine schlechte Nachricht: Sie bildet sich nicht wieder zurück. Wichtig ist es daher zuerst einmal, den Vernarbungsprozess aufzuhalten. D.h.: Sofortiger Stopp mit Alkohol, egal ob dies die Ursache war oder nicht. Denn Alkohol geht immer auf die Leber. Dann gibt es ein Medikament, das leberschonend wirkt: ein Extrakt aus der Mariendistel. Seit mehr als 2000 Jahren sind ihre Früchte als Leberschutzstoffe bekannt. Vor 40 Jahren wurde von der Uni München zusammen mit der Firma Madaus die wirksamen Substanzen erkannt und zu einem Arzneimittel entwickelt: Es ist das Silymarin, ein Komplex aus vier Flavonoiden. Es reichert sich in der Leber an und entfaltet dort seine Wirkungen. Es hemmt die Aufnahme von weiteren Giftstoffen, sowie die Vernarbungsprozesse. Es beschleunigt die Zellteilung und verbessert sozusagen die Vermehrung von gesunden Leberzellen. Damit hilft die Mariendistel auch einer bereits geschädigten Leber.
Weiterhin sollten Sie sich gegen Hepatitis A und B impfen lassen, insbesondere vor einem Urlaub in warme Länder. Weil auch giftige Chemikalien zu einer Leberzirrhose führen, müssen Sie darauf achten, den Kontakt zu vermeiden. Haben Sie beruflich damit zu tun, sprechen Sie mit Ihrem Betriebsarzt darüber. Wenn Sie Medikamente einnehmen, fragen Sie Ihren Arzt, ob diese schädlich für die Leber sein können. Auch müssen Sie die Medikamente, die in der Leber abgebaut werden, in Absprache mit dem Arzt ggfs. niedriger als sonst dosieren. Insgesamt sollte Sie eher etwas zu wenig als zu viel essen. Zurückhaltend sollten Sie mit Fetten sein. Essen Sie zimthaltige Lebensmittel nur noch in Maßen. Wichtig sind Eiweiß und Natrium. Sie brauchen auch zusätzliche Vitamine. Der Arzt wird mit Ihnen aber sicher über eine individuelle Leberdiät sprechen.
Die wichtigsten Aufgaben des Organs Leber
Die Leber ist ein wahres Multitalent und verricht viele verschiedene Aufgaben: Zuerst einmal nimmt sie über die Pfortader alles auf, was die Darmwand aus dem Speisebrei an zerkleinerten Nahrungsbausteinen abgibt. Die verdauten Nährstoffe werden teilweise in der Leber eingespeichert und bei Bedarf abgegeben, oder sie werden direkt zu neuen Stoffen weiterverarbeitet. So entstehen u.a. Gallensaft, Harnstoff und Cholesterin. Auch das Transportmolekül Albumin wird von der Leber hergestellt. Albumin kann Wasser an sich binden. Deswegen gibt es bei Leberschäden auch Wasseransammlungen an den Knöcheln und Unterschenkeln.
Weiterhin baut die Leber Fettsäuren ab und ist damit das wichtigste wärme- und energiebildende Organ. Sie ist auch an der Entgiftung beteiligt. So werden Medikamente, Gifte und Alkohol abgebaut. Aus Alkohol wird in der Leber Fett. Wenn zuviel Alkohol im Spiel ist, kann das Fett nicht vollständig aus den Zellen entfernt werden: Es bildet sich eine ungesunde Fettleber. Und zu guter Letzt ist die Leber auch eine Art Lagerhalle: Sie speichert Zucker und gibt ihn bedarfsgemäß ab, beispielsweise wenn die Muskeln beansprucht werden und Nahrung brauchen.
Wichtige Adressen
Sven-David Müller-Nothmann, Christiane Weißenberger: Köstlich essen für Leber und Galle. Verlag Trias 2006, EUR 19.95.
Spezialsprechstunde für Lebererkrankungen der Medizinischen Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie am Campus Virchow-Klinikum. Hier gibt es individuelle Beratung nach telefonischer Vereinbarung. Allgemeine Anmeldung Tel: 030 / 450-653179; Privatpatienten Tel: 030 / 450-553071
Lebersprechstunde am Universitätsklinikum Aachen, Anmeldung Tel: 0241 / 80 89 661, E-Mail: med3-sprechstunde@ukaachen.de
Anonyme Alkoholiker, bundesweites Telefon 089 / 316 95 00, E-Mail: aa-kontakt@anonyme-alkoholiker.de, Internet: www.anonyme-alkoholiker.de
Bundesarbeitsgemeinschaft Leber c/o Deutsche Leberhilfe e.V., Achim Kautz, Luxemburger Straße 150, 50937 Köln, Tel: 02 21 / 282 99 8, E-Mail: info@leberhilfe.org, Internet: www.bag-leber.de
Autor: Dr. med. Günter Gerhardt