Tipp des Tages
Röteln – mehr als eine harmlose Kinderkrankheit
Es war einer meiner größten Schockerlebnisse in meiner Praxis: Angemeldet war eine junge Patientin, die sich auf der Durchreise befand und beim nächst besten Arzt haltgemacht hatte. Da stand sie plötzlich im Sprechzimmer, sie hatte die typischen rötlichen Pusteln am Hals, die unverkennbar für eine gerade ausgebrochene Rötelninfektion sprechen – und sie hatte ein Babybäuchlein. Jeder, der weiß, was das bedeutet, wäre ebenfalls schockiert gewesen, denn eine Rötelninfektion der Mutter ist eine immens große Gefahr für das Ungeborene.
Fällt die Infektion in die ersten Schwangerschaftswochen, kommt es bei etwa 60 Prozent der Ungeborenen zu Missbildungen. Am häufigsten sind es Herzfehler, Augenschäden, Taubheit und geistige Schäden. Ist das Ungeborene im Mutterleib schon ein paar Monate alt, ist die Gefahr geringer worden, aber es tragen immer noch 10 Prozent bleibende Schäden davon. Hier spricht man dann vom „late onset-Syndrom“, es umfasst u. a. Wachstumsverzögerung, einen chronischen Röteln-Hautausschlag und verschiedene Formen von Lungenentzündungen. Darüber hinaus gibt es noch Krankheiten, die später auftreten, wenn das Kind schon auf der Welt ist, und die ihren Ursprung trotzdem in der Rötelninfektion der Mutter haben. Hierzu gehören wiederum Hörschäden, Diabetes mellitus, Störungen des Hormonhaushalts, Krampfleiden und mehr.
Meine Patientin hatte übrigens Glück gehabt, sie hat mir Monate später ein Foto von einem süßem Baby geschickt: Mutter und Kind sind wohlauf. Für sie war es ein Segen, dass schon zwei Drittel der Schwangerschaft rum waren, als sie den Rötelerreger einfing. Im ersten Drittel wäre es wahrscheinlich nicht so glimpflich abgelaufen.
Da man aber von so viel Glück nicht ausgehen kann, hilft nur eines, nämlich einen Impfschutz aufzubauen (siehe unten). Denn anders kann man einer Röteln-Erkrankung nicht vorbeugen, und sie ist auch nicht zu behandeln.
Etwas über den Erreger
Der Erreger von Röteln sind die weltweit vorkommenden Rötelnviren. Sie werden über eine Tröpfcheninfektion – also beim Niesen und Husten – von Mensch zu Mensch weitergegeben. Aber auch durch den Kontakt mit verseuchten Gegenständen kann es zu einer Ansteckung kommen. Der Begriff „verseucht“ ist hier übrigens angemessen, denn Röteln verbreiten sich meist seuchenartig, allerdings nur in einem örtlich begrenzten Gebiet und nicht etwa landesweit.
Röteln gelten als typische Kinderkrankheit, da früher, vor Einführung der Schutzimpfung, die Ansteckung meist im Alter zwischen 5 und 9 Jahren erfolgte. Heute, wo die Regelimpfung ab dem Alter von 11 Monaten stattfindet, hat sich der Erkrankungsgipfel in das späte Jugend- und frühe Erwachsenenalter verschoben.
Der Mensch ist der einzige Wirt für die Rötelnviren. Dies ist deswegen interessant, weil so bei einer ausreichenden Durchimpfung der Bevölkerung diese Viren – und damit auch die komplette Krankheit – ausgerottet werden könnte. Allerdings ist eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent wichtig, damit auch nicht Geimpfte einen Herdenschutz genießen können: Sie müssen selbst nicht geimpft sein, trotzdem ist die Gefahr gering, dass das Rötelnvirus zu ihnen dringt, weil sie zum größten Teil von Geimpften umgeben sind, die das Virus nicht weitergeben. Finnland hat das geschafft, es ist seit 2000 als erstes europäisches Land Röteln-frei. Deutschland ist noch ein Stück entfernt davon, denn hier geschehen die Impfungen freiwillig, aber nicht alle Eltern halten sich sorgfältig an den Impfplan.
Verlauf der Krankheit
Wer sich angesteckt hat, ist die ersten zwei bis drei Wochen symptomlos, eine Woche vor Ausbruch der roten Pusteln kann er das Virus aber schon weitergeben, ohne es zu wissen. Die Krankheit selbst beginnt mit einer Schwellung der Lymphknoten hinter den Ohren und am Nacken. Hinzu kommt leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen und eine Bindehautentzündung. Einige Tage später erscheint der kleingefleckte zartrosa Hautausschlag. Er beginnt hinter den Ohren und breitet sich schnell über den Körper aus. Die Lymphknotenschwellung bleibt, das Fieber steigt noch leicht an (bis etwa 39 Grad).
Bei sechs von zehn Betroffenen gesellt sich eine schmerzhafte Gelenkentzündung (Arthritis) hinzu, vor allem an den Fingergelenken. Diese geht aber nach Abklingen der Krankheit wieder von alleine weg. Lebensgefährlich wird es, wenn sich aus den Röteln eine Gehirnentzündung entwickelt (akute Rötelnenzephalitis oder progressive Rötelnpanenzephalitis). Das Risiko einer solchen Komplikation nimmt mit dem Alter des oder der Erkrankten zu. Es gibt allerdings auch Röteln ohne Krankheitsanzeichen. Das Gute an der Erkrankung: Sie führt meist zu einer lebenslangen Immunität. Ganz selten ist jemand ein zweites Mal betroffen, das ist dann sehr unauffällig, und dann ist der Krankheitsschutz absolut gewährleistet.
Diagnose durch den Arzt
Auch wenn für den Arzt der Hautausschlag meist sehr typisch auf die Krankheit weist, so muss er doch im Blut Röteln-spezifische Antikörper nachweisen oder ggf. direkt die Erbsubstanz (RNA) der Viren. Nur so kann er sie sicher von anderen rotgetupften Krankheiten unterscheiden, wie Ringelröteln, Masern und Scharlach. Die Blutuntersuchung ist vor allem für Schwangere wichtig. Erkrankte Personen sollen sich außerdem von anderen Menschen fernhalten werden, damit sie nicht zum Überträger werden.
Therapie
Therapeutisch hat der Arzt wenig Möglichkeiten, wie so oft bei viralen Krankheiten. Starkes Fieber ist zu senken, moderates Fieber allerdings ist ein Mittel des Körpers, um selbst mit der Krankheit fertig zu werden, dies sollte man nicht beeinflussen. Gegen den Juckreiz helfen Antihistaminika, wie sie auch bei Heuschnupfen gegeben werden.
Wenn Sie ein Röteln-Kind haben, können Sie ihm darüber hinaus nur noch Bettruhe gönnen und es mit Liebe verwöhnen. Lassen Sie Ihr Kind möglichst solange zu Hause.
Was Sie über die Impfung wissen sollten!
Die Impfung gegen Röteln ist vor allem wegen der schweren Schädigung des neugeborenen Kindes zu empfehlen, wenn sich eine nicht-geimpfte werdende Mutter mit Röteln ansteckt. Aber auch Jungs sollten geimpft werden, nicht nur, damit sie nicht erkranken, sondern damit sie auch niemanden anstecken können. Idealerweise könnte so das Virus auf der Erde ausgerottet werden.
Die Röteln-Impfung findet nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) einmal ab dem Alter von 11 Monaten und ein zweites Mal bis spätestens zum Ende des 2. Lebensjahres erfolgen. Dies gilt für Jungs und Mädchen gleichermaßen.
In der Regel wird zusammen werden mit einer Spritze gleichzeitig gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken (MMRV-Impfung) geimpft. Wer als Erwachsener feststellt, dass er noch nicht geimpft worden ist und auch noch nie Röteln durchgemacht hat, sollte die Impfung in folgenden Fällen nachholen: Frauen bei Kinderwunsch, als Lehrer und Erzieher, oder wer im Krankenhaus auf der Kinderstation arbeitet. Eine Röteln-Impfung wird unabhängig vom Alter immer recht gut vertragen.
Wer sich nicht sicher ist, und zum o.g. Personenkreis zählt, kann vorab seine Immunität durch einen Bluttest bestimmen lassen. Und wer als nichtgeimpfter Erwachsener befürchtet, sich soeben angesteckt zu haben, sollte eine sog. Inkubationsimpfung durchführen. Dies geht nur solange, bis die ersten Symptome ausgebrochen sind und hilft dem Körper, seine Abwehrmaßnahmen schneller aufzubauen. Autor: Dr. med. Günter Gerhardt
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Gefahr für das UngeboreneFällt die Infektion in die ersten Schwangerschaftswochen, kommt es bei etwa 60 Prozent der Ungeborenen zu Missbildungen. Am häufigsten sind es Herzfehler, Augenschäden, Taubheit und geistige Schäden. Ist das Ungeborene im Mutterleib schon ein paar Monate alt, ist die Gefahr geringer worden, aber es tragen immer noch 10 Prozent bleibende Schäden davon. Hier spricht man dann vom „late onset-Syndrom“, es umfasst u. a. Wachstumsverzögerung, einen chronischen Röteln-Hautausschlag und verschiedene Formen von Lungenentzündungen. Darüber hinaus gibt es noch Krankheiten, die später auftreten, wenn das Kind schon auf der Welt ist, und die ihren Ursprung trotzdem in der Rötelninfektion der Mutter haben. Hierzu gehören wiederum Hörschäden, Diabetes mellitus, Störungen des Hormonhaushalts, Krampfleiden und mehr.
Meine Patientin hatte übrigens Glück gehabt, sie hat mir Monate später ein Foto von einem süßem Baby geschickt: Mutter und Kind sind wohlauf. Für sie war es ein Segen, dass schon zwei Drittel der Schwangerschaft rum waren, als sie den Rötelerreger einfing. Im ersten Drittel wäre es wahrscheinlich nicht so glimpflich abgelaufen.
Da man aber von so viel Glück nicht ausgehen kann, hilft nur eines, nämlich einen Impfschutz aufzubauen (siehe unten). Denn anders kann man einer Röteln-Erkrankung nicht vorbeugen, und sie ist auch nicht zu behandeln.
Etwas über den Erreger
Der Erreger von Röteln sind die weltweit vorkommenden Rötelnviren. Sie werden über eine Tröpfcheninfektion – also beim Niesen und Husten – von Mensch zu Mensch weitergegeben. Aber auch durch den Kontakt mit verseuchten Gegenständen kann es zu einer Ansteckung kommen. Der Begriff „verseucht“ ist hier übrigens angemessen, denn Röteln verbreiten sich meist seuchenartig, allerdings nur in einem örtlich begrenzten Gebiet und nicht etwa landesweit.
Röteln gelten als typische Kinderkrankheit, da früher, vor Einführung der Schutzimpfung, die Ansteckung meist im Alter zwischen 5 und 9 Jahren erfolgte. Heute, wo die Regelimpfung ab dem Alter von 11 Monaten stattfindet, hat sich der Erkrankungsgipfel in das späte Jugend- und frühe Erwachsenenalter verschoben.
Der Mensch ist der einzige Wirt für die Rötelnviren. Dies ist deswegen interessant, weil so bei einer ausreichenden Durchimpfung der Bevölkerung diese Viren – und damit auch die komplette Krankheit – ausgerottet werden könnte. Allerdings ist eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent wichtig, damit auch nicht Geimpfte einen Herdenschutz genießen können: Sie müssen selbst nicht geimpft sein, trotzdem ist die Gefahr gering, dass das Rötelnvirus zu ihnen dringt, weil sie zum größten Teil von Geimpften umgeben sind, die das Virus nicht weitergeben. Finnland hat das geschafft, es ist seit 2000 als erstes europäisches Land Röteln-frei. Deutschland ist noch ein Stück entfernt davon, denn hier geschehen die Impfungen freiwillig, aber nicht alle Eltern halten sich sorgfältig an den Impfplan.
Verlauf der Krankheit
Wer sich angesteckt hat, ist die ersten zwei bis drei Wochen symptomlos, eine Woche vor Ausbruch der roten Pusteln kann er das Virus aber schon weitergeben, ohne es zu wissen. Die Krankheit selbst beginnt mit einer Schwellung der Lymphknoten hinter den Ohren und am Nacken. Hinzu kommt leichtes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen und eine Bindehautentzündung. Einige Tage später erscheint der kleingefleckte zartrosa Hautausschlag. Er beginnt hinter den Ohren und breitet sich schnell über den Körper aus. Die Lymphknotenschwellung bleibt, das Fieber steigt noch leicht an (bis etwa 39 Grad).
Bei sechs von zehn Betroffenen gesellt sich eine schmerzhafte Gelenkentzündung (Arthritis) hinzu, vor allem an den Fingergelenken. Diese geht aber nach Abklingen der Krankheit wieder von alleine weg. Lebensgefährlich wird es, wenn sich aus den Röteln eine Gehirnentzündung entwickelt (akute Rötelnenzephalitis oder progressive Rötelnpanenzephalitis). Das Risiko einer solchen Komplikation nimmt mit dem Alter des oder der Erkrankten zu. Es gibt allerdings auch Röteln ohne Krankheitsanzeichen. Das Gute an der Erkrankung: Sie führt meist zu einer lebenslangen Immunität. Ganz selten ist jemand ein zweites Mal betroffen, das ist dann sehr unauffällig, und dann ist der Krankheitsschutz absolut gewährleistet.
Diagnose durch den Arzt
Auch wenn für den Arzt der Hautausschlag meist sehr typisch auf die Krankheit weist, so muss er doch im Blut Röteln-spezifische Antikörper nachweisen oder ggf. direkt die Erbsubstanz (RNA) der Viren. Nur so kann er sie sicher von anderen rotgetupften Krankheiten unterscheiden, wie Ringelröteln, Masern und Scharlach. Die Blutuntersuchung ist vor allem für Schwangere wichtig. Erkrankte Personen sollen sich außerdem von anderen Menschen fernhalten werden, damit sie nicht zum Überträger werden.
Therapie
Therapeutisch hat der Arzt wenig Möglichkeiten, wie so oft bei viralen Krankheiten. Starkes Fieber ist zu senken, moderates Fieber allerdings ist ein Mittel des Körpers, um selbst mit der Krankheit fertig zu werden, dies sollte man nicht beeinflussen. Gegen den Juckreiz helfen Antihistaminika, wie sie auch bei Heuschnupfen gegeben werden.
Wenn Sie ein Röteln-Kind haben, können Sie ihm darüber hinaus nur noch Bettruhe gönnen und es mit Liebe verwöhnen. Lassen Sie Ihr Kind möglichst solange zu Hause.
Was Sie über die Impfung wissen sollten!
Die Impfung gegen Röteln ist vor allem wegen der schweren Schädigung des neugeborenen Kindes zu empfehlen, wenn sich eine nicht-geimpfte werdende Mutter mit Röteln ansteckt. Aber auch Jungs sollten geimpft werden, nicht nur, damit sie nicht erkranken, sondern damit sie auch niemanden anstecken können. Idealerweise könnte so das Virus auf der Erde ausgerottet werden.
Die Röteln-Impfung findet nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) einmal ab dem Alter von 11 Monaten und ein zweites Mal bis spätestens zum Ende des 2. Lebensjahres erfolgen. Dies gilt für Jungs und Mädchen gleichermaßen.
In der Regel wird zusammen werden mit einer Spritze gleichzeitig gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken (MMRV-Impfung) geimpft. Wer als Erwachsener feststellt, dass er noch nicht geimpft worden ist und auch noch nie Röteln durchgemacht hat, sollte die Impfung in folgenden Fällen nachholen: Frauen bei Kinderwunsch, als Lehrer und Erzieher, oder wer im Krankenhaus auf der Kinderstation arbeitet. Eine Röteln-Impfung wird unabhängig vom Alter immer recht gut vertragen.
Wer sich nicht sicher ist, und zum o.g. Personenkreis zählt, kann vorab seine Immunität durch einen Bluttest bestimmen lassen. Und wer als nichtgeimpfter Erwachsener befürchtet, sich soeben angesteckt zu haben, sollte eine sog. Inkubationsimpfung durchführen. Dies geht nur solange, bis die ersten Symptome ausgebrochen sind und hilft dem Körper, seine Abwehrmaßnahmen schneller aufzubauen. Autor: Dr. med. Günter Gerhardt
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