Tipp des Tages
Cluster-Kopfschmerzen: Die Attacken treten oft früh morgens auf
Die Attacke kommt ohne Vorwarnung. Plötzlich ist sie da, brennend, bohrend, stechend. Der Cluster-Kopfschmerz gilt als einer der schmerzhaftesten Zustände des Menschen. Besonders stark ist der Schmerz im Augen-, Stirn- und Schläfenbereich. „Als ob mir jemand einen verrosteten alten Korkenzieher ins Gehirn hineindreht und ihn dann hin- und herbewegt“, so erklärte es mir eine Patientin.
Die Symptome
Der Schmerz tritt einseitig auf. Typisch sind Begleiterscheinungen wie eine gerötete Bindehaut des Auges, Tränen- oder Nasenlaufen, Hängen oder Anschwellen des Oberlides, eine enge Pupille sowie Schwitzen am Kopf und im Gesicht. Diese Symptome entstehen auf der gleichen Seite wie der Kopfschmerz und werden meist nur vom Partner oder der Partnerin wahrgenommen. Der Patient bemerkt sie nämlich oft nicht, weil seine Aufmerksamkeit von dem vernichtenden Kopfschmerz gefesselt ist. Ebenso abrupt wie die Attacke begann, endet sie nach 45 bis 90 Minuten. Aber am nächsten Tag geht es weiter. Als wäre die Uhr danach gestellt, beginnen die Schmerzen in den frühen Morgenstunden. Viele Patienten leiden sogar unter mehrmaligen Attacken pro Tag. Fast unheimlich mutet es an, dass sich auch der Kalender nach den Kopfschmerzen zu richten scheint. So wird in jedem Jahr der Frühling und/oder der Herbst durch eine Kopfschmerzepisode eingeleitet. Diese dauert in der Regel zwei bis sechs Wochen. Zwischen den Episoden ist der Patient meist völlig beschwerdefrei. Dieses gehäufte Auftreten in den Übergangsjahreszeiten gibt der Krankheit übrigens ihren Namen: Das englische Wort „cluster“ bedeutet Anhäufung.
Die Ursachen
Die genaue Ursache für die Entstehung der Schmerzen ist unklar. Man vermutet eine Fehlregulation im Hypothalamus. Dies ist ein Nervenkern, der auch das „Gehirn im Gehirn“ genannt wird. Denn hier sitzt die Oberbefehlszentrale für alle „automatischen“ Organregulierungen. Der Taktgeber der inneren Uhr (die circadianen Schrittmacherzellen) hat hier ebenfalls sein Hauptquartier und steuert, welche Körpervorgänge zu welcher Tages- oder Nachtzeit ablaufen sollen. Dabei nimmt das Schlafhormon Melatonin eine wichtige Rolle ein. Und tatsächlich hat man festgestellt, dass Clusterkopfschmerz-Patienten oft etwas weniger Melatonin als normal in ihrem Blut haben. Dies würde das gehäufte Auftreten der Schmerzen im Frühling und Herbst plausibel machen, denn zu dieser Zeit stellt der Körper seinen Melatoninstoffwechsel um. Ähnliches geschieht auch, wenn der Morgen langsam graut und sich die Tiefschlafphase dem Ende neigt. Warum diese Umstellung aber zu Schmerzen führt, ist den Wissenschaftlern noch ein Rätsel. Tatsache ist, dass dabei u. a. der Trigeminusnerv gereizt wird. Dies erklärt die Begleitsymptome wie Augentränen und Lidschwellung auf der betroffenen Seite.
Die Therapie
$imageright2$Zur Therapie gehört die richtige Diagnose. Denn herkömmliche Schmerzmittel wie Aspirin, Paracetamol und die meisten Migränemittel helfen nicht. Für den akuten Fall gilt: Die Therapie muss schnell einsetzen, weil die Anfälle ohne Vorbereitung kommen. Drei Mittel haben sich bewährt:
1) Unter die Haut gespritztes „Sumatriptan“: Als Tablette ist dieser Wirkstoff bei Migräne wirksam. Gespritzt wirkt er schneller. Betroffene lernen, dies mit Fertigspritzen selbst zu tun.
2) Inhalation von hundertprozentigem Sauerstoff: Hierfür gibt es speziell angefertigte Sauerstoffgeräte. Über eine Gesichtsmaske wird 15 bis 20 Minuten lang in sitzender, nach vorn geneigter Position der Sauerstoff eingeatmet. Es gibt auch tragbare Geräte.
3) Als Zusatztherapie hilft bei akutem Clusterkopfschmerz der Wirkstoff Zolmitriptan. Dieser kommt aus der Migränetherapie. Auf die Nasenschleimhaut aufgesprüht, gelangt der Wirkstoff in sekundenschnelle in den Blutweg, um von hier aus seine Wirkung zu entfalten.
Zusätzlich sind Nasentropfen mit der schmerzstillenden Substanz Lidocain nützlich. Legen Sie dazu den Kopf um 45 Grad nach hinten in den Nacken und neigen ihn dann um 30 bis 45 Grad zur Seite. In dieser Stellung träufeln Sie das Betäubungsmittel in das Nasenloch der betroffenen Seite ein. So gelangt das Medikament direkt an das Ganglion sphenopalatinum in der Nasenschleimhaut. Das ist eine Umschaltstation für eintreffende Schmerzreize.
Die Vorbeugung
Genauso wichtig wie die akute Behandlung ist die Vorbeugung. Das beste Medikament dafür ist Cortison. Ein weiterer Wirkstoff ist Methysergid, das Kopfschmerzambulanzen manchmal über die internationale Apotheke bestellen. Die beiden Medikamente werden nur über einen kurzen Zeitraum verschrieben, um Langnebenwirkungen wie z. B. Wucherungen von Bindegewebe zu vermeiden. Eine gute Alternative mit wenigen Nebenwirkungen ist ein örtlich anzuwendendes Betäubungsmittel gemischt mit Cortison. Dies wird im Bereich der Austrittsregion der Hinterhauptnerven auf der betroffenen Seite gespritzt. Ärzte haben auch gute Erfahrung mit der zusätzlichen Gabe des Bluthochdruckmittels Verapamil gemacht, das die Blutgefäße erweitert. Der letzte Ausweg ist ein elektrischer Eingriff, bei welchem der Hypothalamus oder die Hinterhauptnerven (Okzipitalnerven) stimuliert werden.
Die besten Diagnose-Methoden
Oft wird der Clusterkopfschmerz mit der Trigeminusneuralgie verwechselt, in selteneren Fällen auch mit einer plötzlichen Zunahme des Augeninnendrucks. Doch bei einer genauen Befragung des Patienten ist die Diagnose eindeutig, wenn die folgenden drei Hauptanzeichen vorliegen:
1) Der Schmerz befällt nur eine Kopfseite
2) Die Begleiterscheinungen verteilen sich im Bereich des Trigeminusnerves
3) Die Schmerzattacken treten in den frühen Morgenstunden auf, aber meist nur im Frühjahr und/oder Herbst.
Eindeutig ist auch die Beschreibung des Schmerzverlaufes. Der Clusterkopfschmerz kommt anfallsartig, steigert sich innerhalb von einer viertel Stunde auf sein Maximum, dann ebbt er zuerst langsam und schließlich sehr rasch wieder ab. Der Trigeminusschmerz hingegen zeigt viele kurze Schmerzspitzen über den ganzen Tag verteilt.
Im Gegensatz wiederum zur Migräne sucht ein Patient mit Clusterkopfschmerzen keine Ruhe. Ihm hilft im Gegenteil körperliche Bewegung während der Schmerzphase.
Um einen grünen Star (Glaukom) auszuschließen, wird der Augeninnendruck gemessen.
Spezielle Laboruntersuchungsmethoden sind meist nicht notwendig. Bildgebende Verfahren wie Computer-Tomographie (CT), Kernspintomographie (MRT), Dopplersonographie sind nur erforderlich, wenn man z. B. einen Hirntumor oder ein Blutgerinnsel ausschließen will.