Tipp des Tages
Wenn Urin falsch herum fließt (Harnleiterreflux): Unbehandelt versagen die Nieren
Wenn Kinder plötzlich fiebern, rechnen die Eltern meist mit neuen Zähnchen, oder dass wieder einmal ein Infekt unter den Kindern herumgeistert. In gar nicht so seltenen Fällen kann die Ursache aber auch ein Harnleiterreflux (auch: vesiko-ureteralen Reflux) sein. Bei dieser Krankheit wird der Harn beim Wasserlassen teilweise auch wieder zurück in die Nieren gepresst, wo er gebildet wurde. Dies geschieht mit der gleichen Druckkraft, wie der Wasserstrahl in die Toilettenschüssel gepinkelt wird. Das Nierenbecken und die Nierengänge sind jedoch zarte feine Gebilde und nicht dazu geschaffen, einen kräftigen Wasserstrahl auszuhalten.
Entstehung der Krankheit
Zuerst werden die im Nierenbecken einmündenden Sammelrohre erweitert, so als ob sie mit einem kleinen Hammer immer wieder von innen ausgedehnt werden. In der Medizin wird die Auswirkung auch sehr anschaulich als „Wasserhammereffekt" bezeichnet. Wenn dies immer wieder geschieht, schädigt der „Wasserhammer" die Nieren, diese versagen dann ihren Dienst. Doch damit ist aber noch nicht genug: Für die Nieren besteht noch auf einem anderen Weg Gefahr. Wenn sich Bakterien im Harn befinden, werden diese ebenfalls wieder zurück in die Nieren gespült. Hier können sie eine Nierenbeckenentzündung hervorrufen. Dies ist eine schwere Erkrankung mit hohem Fieber und starken Schmerzen in den Flanken. Wird sie nicht behandelt, können sich kleine Eiteransammlungen in der Niere bilden, die zu einer chronischen Entzündung führen und die Nieren ebenfalls schädigen. Wenn Ihr Kind unter unklarem Fieber leidet und sich sehr krank fühlt, sollten Sie also immer auch an diese gefährliche Möglichkeit denken.
Ursache
Die Ursache liegt im Übergang von Harnleiter zu Harnblase. Bei gesunden Kindern münden die Harnleiter nicht direkt in die Blase, sondern verlaufen eine kurze Strecke in der Blasenwand. Diese kurze Strecke führt zu einem Ventilmechanismus, der Harn kann sich nicht zurückstauen. Bei Kindern mit einem Reflux münden die Harnleiter direkt in die Harnblase. Jetzt wird er beim Pressen in die Nieren zurückgedrängt. Diese Fehlbildung ist angeboren. Es kann aber auch eine Verletzung oder Schädigung am Rückenmark dahinter stecken, wie nach einem Unfall oder bei der Krankheit Spina Bifida. Dann sind die Nervenbahnen zwischen Gehirn und Blase unterbrochen, sodass die Betroffenen manchmal nicht merken, wenn die Blase voll ist und es zu einem Rückstau von Harn in die Nieren kommt. Eine zu enge Harnröhre von der Blase nach außen, kann ebenfalls einen leichten Rückstau bewirken.
Therapie
$imageright2$Der Arzt muss schnell handeln: Einem fiebernden Kind gibt er zuerst ein starkes Antibiotikum, um die Entzündung zurückzudrängen. Dann folgt oft eine etwa halbjährige niedrige Antibiotikatherapie. Sie dient dazu, einer weiteren Entzündung vorzubeugen. Ein zusätzliches Ansäuern des Harns mit einem Mittel aus der Apotheke oder ganz natürlich mit Preiselbeer- oder Meerrettichsaft schützt auch vor einer Entzündung. Oftmals wächst sich die Anomalie mit zunehmendem Alter aus. Bei schwereren Formen greift der Arzt operativ ein. Er unterspritzt entweder den Harnleiter, damit sich dessen Lage verändert. Oder er pflanzt einen neuen Harnleiter ein. Im Falle der Rückenmarksschädigung hilft auch ein „Anticholinergikum", das die Harnblase entkrampft.
Ein Geschwister-Screening, bei dem das nachkommende Geschwisterkind mit Ultraschall untersucht wird, ist auf jeden Fall anzuraten. Das Risiko, dass es ebenfalls unter dieser Krankheit leidet, wird mit 20 bis 30 Prozent angegeben.
So funktioniert eine Blasenuntersuchung
Um den Harnleiterreflux zu untersuchen, wird meist die MCU (Miktions-Cysto-Urethrographie) angewendet. Dabei wird zuerst die leere Blase geröntgt. Dann wird über einen Blasenkatheter die Blase mit Flüssigkeit und Kontrastmittel gefüllt. Jetzt erfolgt die nächste Röntgenaufnahme. Dann soll der Patient pinkeln, wobei weitere Aufnahmen angefertigt werden. Auf diese Weise kann der Arzt feststellen, ob und wann es zu einem Rückfluss von Harn in Richtung Nieren kommt.
Ob das Nierengewebe noch funktioniert, kann der Arzt mit einem DMSA-Scan erfahren. Dabei erhält die Niere ein Kontrastmittel, das Strahlen absondert. Diese werden mit einer speziellen Kamera aufgenommen. Man erkennt auf dem Bild, wo die Niere gut arbeitet und wo nicht.