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Wirbelsäulen-Verkrümmung: Frauen trifft es besonders hart
Stellen Sie sich doch einmal aufrecht hin und versuchen Sie, mit einer Hand das Knie derselben Seite zu erreichen, aber ohne sich nach vorne oder nach hinten beugen. Die Form, die Wirbelsäule jetzt einnimmt, bezeichnet man als Wirbelsäulen-Seitverbiegung (med.: Skoliose). Nun gibt es eine Krankheit, bei der ist diese Wirbelsäulen-Seitverbiegung dauerhaft. Die Betroffenen können sich nicht einfach wieder aufrichten. Denn die Wirbel sind so gedreht, gekippt oder verformt, dass die Wirbelsäule an dieser Stelle seitlich gekrümmt ist. Schätzungen zufolge sind in Deutschland 400.000 Menschen von Skoliose betroffen. Auf drei Frauen kommt ein Mann mit dieser Krankheit.
Ursachen
In etwa 80 Prozent aller Fälle ist die Ursache unbekannt (idiopathisch). Die Verbiegung entsteht meist während einer starken Wachstumsphase in der Kindheit oder Jugend. So wachsen möglicherweise die Muskeln und Bänder der Wirbelsäule in einer anderen Geschwindigkeit als die Knochen, sodass sich ein Ungleichgewicht bildet. Möglicherweise herrscht auch eine Bindegewebsschwäche vor, die den Halteapparat generell schwächt. Auch ein hormonelles Ungleichgewicht oder eine ungleiche nervliche Erregung der Muskeln sind mögliche Ursachen. Die Forscher gehen heute davon aus, dass an einer Skoliose immer mehrere Faktoren beteiligt sind.
Die restlichen 20 Prozent aller Skoliosen sind sogenannte Zweitformen. Das heißt, sie gehen auf eine andere Krankheit zurück. Zum Beispiel auf einen „offenen Rücken" (Spina bifida), bei dem die Wirbelkörper nicht richtig zusammen gewachsen sind. Auch einige seltene Erkrankungen an Haut und Nervensystem (Neurofibromatose, spinale Muskelatrophien, sensomotorische Neuropathien), sowie Erkrankungen des Knochens (Spondylitiden, Rachitis) können dahinter stehen. Ebenso Lähmungen: Nach einem Schlaganfall, einer Rückenmarksverletzung oder beim Muskelschwund kann die Rückenmuskulatur nicht mehr die nötige Haltefunktion aufbringen, weshalb es zur Verformung der Wirbelsäule kommt. Die Krankheit kann zudem aufgrund ungleich langer Beine entstehen: In dem Fall biegt sich die Wirbelsäule so, dass der Kopf sich trotzdem auf dem Hals befinden kann.
Anzeichen und Diagnose
Im Anfangsstadium bleibt die Skoliose oft unbemerkt. Da sie sich untherapiert immer weiter verschlechtert, kommt es mit zunehmendem Alter zu Rückenschmerzen. Bei starkem Ausmaß schränkt die Verkrümmung sogar auch den Platz für die Lungen ein und beeinträchtigt somit die Sauerstoffversorgung.
Der Orthopäde erkennt eine Skoliose, wenn Sie sich vorbeugen. Dann entsteht typischerweise ein Rippenbuckel: Die Rippen treten stark hervor. Auch kann er das Ausmaß der Skoliose genau bestimmen, indem er Röntgenaufnahmen oder auch eine Magnetresonaztomographie der Wirbelsäule und des Spinalkanals macht. Um die Ursachen festzustellen, ist oft zusätzlich ein Nervenarzt (Neurologe) zuständig. Er kann feststellen, ob die Muskeln ungenügend von den Nerven ansteuert werden und so an Kraft verlieren.
Therapie
$imageright2$Die Therapie beginnt mit konservativen Verfahren, in Form von einer Haltungsverbesserung und Muskelkräftigung. Leichte Fehlhaltungen der Wirbelsäule können mit Krankengymnastik ausgeglichen werden. Bei einer richtigen Skoliose mit einer Krümmung von über 25 Grad hilft das alleine nicht. Dann ist eine Korsetttherapie sinnvoll, mit der bei Kindern und Jugendlichen oft eine Operation abgewendet wird. Das Korsett wird exakt nach einem Gipsmodell vom eigenen Rücken angefertigt. Es besteht aus festen Kunststoffteilen, welche die Wirbelsäule stabilisieren. Weiterhin gibt es Druckpunkte, die gezielt einem verdrehten Wirbelkörper eine neue Richtung geben. Wie bei einer Zahnspange ist es wichtig, dass das Korsett regelmäßig getragen wird: Bei leichteren Formen ist das Tragen nur nachts notwendig, bei stärkeren auch zudem fast den ganzen Tag. Das Korsett muss regelmäßig nachgestellt werden. In der Zeit ist auch eine spezielle Krankengymnastik unerlässlich, damit die Rückenmuskulatur aufgebaut wird.
Wenn dies nicht ausreicht, ist meist eine Operation sinnvoll. Hier gibt es Gelenk versteifende und neuerdings auch Gelenk erhaltende Methoden. Wenn der Betroffene wegen Lähmungen und Muskelkrankheiten im Rollstuhl sitzt, erfolgt eine große Versteifung, um das Sitzen zu erleichtern. Bei Patienten, die gehen können, werden allerdings nur so wenig Gelenke wie möglich versteift. Kindern können neuerdings bestimmte Instrumente eingepflanzt werden, die alle sechs Monate nachgestellt werden. Die Instrumente fördern das Wachsen der Wirbelkörper in eine gewünschte Richtung.
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