RATGEBER - Cannabis auf Rezept
Cannabis gegen Brechreiz und Übelkeit
Untersuchungen und wissenschaftliche Studien, welche die brechreizhemmende Wirkung von Cannabis untermauern, wurden ursprünglich durch Entdeckungen medizinischer Laien und durch anekdotische Berichte angeregt.
So heißt es in einer ersten Studie, in der die Überlegenheit von THC gegenüber Placebo bei chemotherapiebedingtem Erbrechen nachgewiesen wurde: "Anekdotische Berichte legen nahe, dass das Rauchen von Marihuana Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Krebs-Chemotherapie vermindert."
Übelkeit und Erbrechen sind Symptome, die durch eine Vielzahl von Reizen verursacht werden, darunter Erkrankungen des Verdauungstrakts und des zentralen Nervensystems, aber auch durch viele Medikamente, wie die genannten Zytostatika bei Krebs und die Virustatika bei Aids.
Was geschieht bei Brechreiz im Gehirn?
Früher stellt man sich eine Schaltzentrale für Übelkeit und Erbrechen im Gehirn vor. Diese wurde Brechzentrum genannt.
Heute geht man von verschiedenen miteinander in Kontakt stehenden Gruppen von Nervenzellen aus, die alle in einem bestimmten Hirnkern (NTS: Nucleus Tractus Solitariu) lokalisiert sind.
In verschiedenen Nervengruppen dieses Hirnkerns NTS laufen Informationen zu möglichen Anlässen für Übelkeit und Erbrechen zusammen.
So entdecken Chemo-Sensoren giftige, Brechreiz auslösende Substanzen im Blut und schicken diese Informationen über Nervenbahnen an den Hirnkern NTS. Hier enden auch Nervenbahnen aus dem Magen-Darm-Trakt mit Informationen über den Inhalt von Magen und Darm sowie über die Spannung des Magens.
Nervenzellen des NTS wiederum reichen in einen Gehirnbereich, in dem das Verhalten beim Brechvorgang koordiniert wird, sowie in andere Hirnregionen, die ebenfalls eine Rolle bei Übelkeit und Erbrechen spielen.
Moderne brechreizhemmende Medikamente, wie auch z. B. Dronabinol setzen an unterschiedlichen Punkten an. Sie blockieren beispielsweise die Informationsweitergabe über Übelkeit auslösende Reize aus dem Blut und Magen-Darm-Trakt an den Hirnkern NTS.
Dies geschieht auf folgende Weise: In den Zellen des Magen-Darm-Trakts kommt Serotonin vor, das unter anderem die Muskelspannung im Magen-Darm-Trakt beeinflusst.
Durch Zytostatika werden die Zellen geschädigt und zerstört, so dass Serotonin freigesetzt wird. Dadurch werden die Nerven des Magen-Darm-Trakts stimuliert, besonders der Nervus vagus, der im Gehirn seinen Ursprung hat. Dieser Nerv leitet die Reize aus dem Magen-Darm-Trakt bis ins Brechzentrum.
Übelkeit und Erbrechen sind eine Folge dieser Stimulation. Eine weitere brechreizhemmende Wirkung von Cannabis besteht nun darin, dass es die Eigenschaft hat, diese Serotonin-Ausschüttung zu senken.
Weiterhin halten die Cannabinoide Übelkeit und Erbrechen zurück, indem sie an Cannabinoidrezeptoren auf Nervenzellen andocken, die Informationen an den Hirnkern NTS weitergeben sollen.
Nach dem Andocken hemmen sie die Weiterleitung dieser Informationen. Vereinfacht gesagt: Das Gehirn erfährt nichts oder weniger davon, dass eigentlich ein Grund für Übelkeit vorliegt.