RATGEBER - Cannabis auf Rezept
Wieso hat der Mensch Andockstellen für Cannabinoide?
Forscher gehen davon aus, dass die Rezeptoren für Cannabis evolutionsgeschichtlich sehr alt sind, da sie sich bei unterschiedlichen Lebewesen finden, deren Entwicklung seit mehreren Millionen Jahren getrennt verläuft.
Natürlich haben sie sich daraufhin gefragt, ob es eine natürliche Aufgabe jener Rezeptoren gibt, die sich über Jahrmillionen gebildet haben.
Die sensationelle Antwort ließ nicht lange auf sich warten: 1992 fanden sie vom Körper selbst produzierte Stoffe, die an die gleichen Rezeptoren wie die Cannabinoide andocken und die ähnlich wie Cannabis wirken: Die Endocannabinoide. Dieser Ausdruck bedeutet übersetzt: die körpereigenen Cannabinoide.
Endocannabinoide sind Botenstoffe, die im Gehirn und Rückenmark bei länger andauernden Schmerzen gebildet werden. Somit hat der Körper einen natürlichen Mechanismus entwickelt, mit chronischen Schmerzen umzugehen und sie erträglich zu machen.
Sie werden wohl bei Muskelkrämpfen gebildet, sowie vermutlich in einigen Stellen des Gehirns kontinierlich ohne bestimmte Reize.
Die Auszüge von Cannabis machen also nichts anderes, als einen körpereigenen Vorgang nachzuahmen. Endocannabinoide sind allerdings in ihrer Wirkung etwa zehnmal schwächer als THC und werden auch schneller, etwa in einer halben Stunde, wieder abgebaut. Deshalb ahmen die Cannabisauszüge die Wirkung der körpereigenen Stoffe nicht nur nach, sondern verstärken sie sogar.
1992 wurde das erste Endocannabinoid entdeckt. 1993 folgten zwei weitere. Man geht jedoch davon aus, dass es noch weitere gibt.
In Versuchen stellte man fest, dass sie das gesamte Wirkungspektrum auslösen, das auch von THC bekannt ist: Sie beeinflussen Bewegungskoordination, Emotionen und Gedächtnisfunktionen. Sie lassen Schmerzen vergessen, sie setzen die bekannte "rosa Brille" auf, machen gesellig, aber auch müde und ruhig.
Allgemein kann man sagen, dass über die natürliche Funktion der Endocannabinoide noch sehr wenig bekannt ist, doch ist es ein Bereich, in dem intensiv geforscht wird.
Möglicherweise spielen sie eine Rolle bei der Verarbeitung von Sinneseindrücken und Schmerzen, bei der Entstehung von Gefühlen, beim Gedächtnis und bei der Koordination von Muskelbewegungen.
Aus der Ähnlichkeit zwischen den Endocannabinoiden des menschlichen Körpers und den Cannabinoiden der Hanfpflanze lassen sich medizinische Verwendungsmöglichkeiten von Cannabis ableiten.
