RATGEBER - Aids
Therapie
Die Therapie von HIV und Aids hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. So hat sich die mittlere Überlebensdauer seit Mitte der 80er Jahre deutlich erhöht. Es gibt nun vermehrt so genannte Langzeitüberlebende, die trotz Infektion länger leben, als es noch vor zehn Jahren für möglich gehalten wurde. Etwa 5 Prozent der HIV-Infizierten haben auch nach 10 Jahren nicht nur keine klinischen Symptome, sondern auch eine im Normbereich liegende Zahl von T-Helferzellen. Ebenso hat sich die Lebensqualität der Infizierten entscheidend verbessert. Aber heilbar ist die Krankheit bis heute nicht. Daran sollte man stets denken.
Die hohe Neuinfektionsrate ist u. a. dadurch bedingt, dass die Menschen in den westlichen Staaten vor allem auf Reisen leichtsinnig mit der Infektionsgefahr umgehen. Frei nach dem Motto „Man kann es ja gut behandeln“. Doch dies ist ein Spiel mit dem Feuer.
Bei der Therapie von HIV und Aids wird zwischen verschiedenen Ansätzen unterschieden:
Erstens: Die Menge der HI-Viren im Körper soll reduziert werden. Diese Behandlung, die auf die „Viruslast" im Körper zielt, bezeichnet man als „antiretrovirale Therapie" (ART).
Zweitens: Es müssen noch weitere Krankheiten, die so genannten „opportunistischen Infektionen" bekämpft werden. Viele Bakterien und Pilze nutzen die Chance des geschwächten Immunsystems, um sich zum Beispiel im Rachenraum und in der Lunge auszubreiten.
Für die Virusbekämpfung stehen vier Medikamente zur Verfügung. Davon sind allerdings erst zwei in die Leitlinien zur Behandlung aufgenommen worden. Dies sind die so genannten Reverse Transkriptase Hemmer und die Proteease-Hemmer. Trotzdem werden alle der folgenden vier Medikamente eingesetzt:
1. Reverse-Transkriptase-Hemmer
Wenn das Virus sich in die Zelle eingeschleust hat, muss es seine Erbsubstanz, die nur auf einem Strang vorliegt (RNA), zu einem Doppelstrang (DNA)duplizieren. Sonst kann es die Erbsubstanz nicht in die DNA der Zelle einbauen. Das Enzym, das ihm das ermöglicht ist die Reverse Transkriptase.
Das Enzym (Reverse Transkriptase) wird von dem Virus in den Körper eingebracht. Es kommt ansonsten nicht im Menschen vor. Mit Medikamenten versucht man nun die Reverse Transkriptase zu hemmen. Somit richtet sich das Medikament gezielt gegen einen Stoff, mit dem sich nur das Virus „schmückt". Dennoch beeinflusst dieses Medikament leider trotzdem auch lebensnotwendige Vorgänge des Menschen, wie z. B. die Blutbildung.
Von dieser Medikamentenklasse gibt es zwei Unterarten, die sich aber nur in ihrem Angriffsmuster unterscheiden.
2. Protease-Hemmer
Die Medikamente blockieren das Enzym „HIV Protease". Die Protease ist das Werkzeug, das die Erbsubstanz des Virus in die Erbsubstanz der befallenen Zellen einbaut.
Die Fortschritte in der HIV-Therapie sind u. a. darauf zurückzuführen, dass eine Kombination der verschiedenen Medikamentenklassen verabreicht wird. So werden die Transkriptase-Hemmer oft mit den Protease-Hemmern kombiniert. Die Kombination soll die Wirksamkeit steigern und außerdem verhindern, dass die HI-Viren resistent gegen die Medikamente werden.
3. CCR5-Antagonisten
Diese Medikamente verändern die menschlichen Immunzellen derartig, dass das Virus nicht mehr in die Zelle eindringen kann. Denn das Virus orientiert sich auf der Suche nach seinem „Opfer" nach der Oberfläche der Zelle. Normalerweise hat eine gewisse Immunzellklasse diesen CCR5-Rezeptor. Wenn das Virus den Rezeptor findet, dockt er dort an und befällt die Zelle.
Einige wenige Menschen haben auf dem CCR5-Gen einen Defekt, der bewirkt, dass dieser Rezeptor nicht ausgebildet wird. Diese Menschen sind immun gegen die HI-Virus. Es sind allerdings verschwindend wenige.
4. Integrase-Hemmer
Die Integrase ist ein Enzym des HI-Virus, mit dem er versucht, in seine Erbkopie in die menschliche Erbsubstanz zu schmuggeln. Die Integrase-Hemmer versuchen, dieses Enzym zu stoppen.
Ziel ist immer nur die Reduktion der Virenmenge. Damit wird die zerstörerische Kraft der Viren aufgehalten. Allein schon die regelmäßige Einnahme der Medikamente ist wesentlich für den Therapieerfolg. Wichtig ist auch zu wissen, dass alle Arzneistoffe gegen HIV mit anderen Medikamenten (beispielsweise Blutdrucksenker, Diabetes-Medikamente) reagieren können und so in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden.
Geheilt werden kann eine HIV-Infektion nicht.
