Tipp des Tages
Parkinson
Die Hände zittern, der Körper ist vornüber gebeugt, die Bewegungen laufen wie in Zeitlupe ab – so haben wir unseren ehemaligen Papst Johannes Paul II. in Erinnerung. Auch die Boxlegende Muhammad Ali und Schauspieler Michael J. Fox leiden unter der Parkinson-Krankheit. | ||
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Insgesamt sind hierzulande etwa 250.000 Menschen an Parkinson erkrankt. Bislang jedoch konnte die Ursache der Parkinson-Erkrankung nicht völlig geklärt werden. Was man weiß ist, dass bei fast allen Betroffenen ein unerklärlicher Untergang von Nervenzellen im Gehirn nachweisbar ist. Die Störung liegt tief im Innern des Gehirns in der so genannten Schwarzen Substanz (Substantia nigra). Hier sterben Nervenzellen ab, die den Überträgerstoff Dopamin produzieren. Dadurch kommt es in den Hirnregionen, die für die Steuerung der Körperbewegung zuständig sind, zu Störungen in der Signalübertragung. Zudem fehlt es am Glücksbotenstoff Serotonin, weswegen viele Parkinsonkranke mit Depressionen zu kämpfen haben. Außerdem besteht gewöhnlich ein Mangel an Acetylcholin, zuständig für die Erregungsübertragung, wodurch Hirnleistungen beeinträchtigt werden können.
Die Krankheit beginnt mit sehr untypischen Anzeichen und schreitet dann langsam voran. Bei manchen Menschen macht sich als erstes Symptom ein Zittern der ruhenden Hand bemerkbar, das bei bewussten Bewegungen abnimmt und im Schlaf völlig verschwindet. Das Zittern kann im Laufe der Jahre auf die zweite Hand, die Arme und Beine übergreifen. Bei anderen Menschen beginnt die Krankheit mit anhaltenden Rückenschmerzen, Verstopfung und Störungen in den feinen Bewegungen. Der Verdacht erhärtet sich, wenn sich auch das Schriftbild verkleinert und eine Riechstörung hinzukommt. Vor allem das Pizzagewürz Oregano können Parkinson-Kranke kaum mehr wahrnehmen.
Es wäre allerdings falsch von einer bestehenden Riechstörung zwangsläufig auf die Parkinson-Erkrankung zu schließen. Wichtig ist es, bei solchen Anzeichen direkt zum Arzt zu gehen, denn heutzutage wird so früh wie möglich mit „Dopaminverstärkern“ (Dopaminagonisten) therapiert.
Später zeigt sich die Parkinson-Krankheit dann durch folgendes Dreigespann an Anzeichen:
- Verlangsamung von Bewegungen (Akinese): Der Kranke läuft mit langsamen schlurfenden Bewegungen. Muskelsteifigkeit (Rigor): Dadurch nimmt der Kranke im Sitzen eine vorne übergebeugte Haltung ein, bei der er die Ellbogen angewinkelt lässt. Beim Laufen schwingen die Arme nicht mehr mit.
- Zittern, meist in Ruhestellung (Tremor): Besonders typisch ist das Zittern der Hände, so als wolle der Kranke unablässig Geld zählen oder Pillen drehen (=Pillendreher-Phänomen). Dabei schüttelt er den Kopf, als wolle er immer „nein“ sagen. Sowohl das Zittern, als auch die anderen Beschwerden werden häufig, auch von Ärzten, falsch eingeschätzt: Sie landen beim Orthopäden wegen „Beschwerden“ im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke. Der richtige Ansprechpartner wäre der Neurologe.
- Neben diesen Anzeichen erschweren auch psychische Probleme das leben des Parkinso-Patienten: starke Antriebsschwäche, rasche Ermüdbarkeit und depressive Verstimmung. Alle Anzeichen sind jedoch unterschiedlich ausgeprägt und vielfältig miteinander vermischt. Letztlich hat jeder Patient seine eigene Parkinsonkrankheit.
Um diese unkontrollierbaren Spätprobleme zu verhindern, setzt man heute sehr früh so genannte Dopaminverstärker (=Dopaminagonisten) ein. Diese stimulieren die Dopaminempfänger an den Nervenzellen, sodass die gleiche Menge Dopamin im Gehirn besser ausgenutzt wird. Eine mehrjährige Studie zeigte, dass durch die frühzeitige Einnahme des Dopaminverstärkers Pramipexol sich die Zuckungen und das Zittern um 30 Prozent verringern. Auch die schon mehrfach erwähnte Depression, die bei mehr als die Hälfte der Parkinsonpatienten vorkommt, kann damit behandelt werden.
Neben all den Medikamenten darf man nicht vergessen, die Beweglichkeit selbst mit entsprechenden Übungen, zu Hause oder unter fachmännischer Anleitung, zu erhalten. Versuchen Sie beispielsweise die Arme zu schwingen, oder die Füße nicht am Boden schleifen zu lassen. Auch sollten Sie sich, um Stürze zu vermeiden, Gehhilfen aus dem Sanitätshaus besorgen. Dort finden Sie auch weitere Hilfsmittel für die Bewältigung Ihres Alltags.
Hirnschrittmacher
Neuerdings kann man hauchdünne Elektroden ins Gehirn platzieren, welche mit einem elektrischen Stimulator verbunden sind, der ähnlich wie ein Herzschrittmacher unter dem Schlüsselbein eingesetzt wird. Der Stimulator regt wie eine Art Schrittmacher mit Hochfrequenz die gestörten Hirnbereiche an. Diese Operation heißt „Stereotaktische Stimulation“ tiefer Hirnkerne, umgangssprachlich auch Hirnschrittmacher genannt. Damit lassen sich die Symptome wie z. B. starkes Zittern unterdrücken.
Dieser operative Eingriff im Gehirn dauert 12 Stunden. Der Patient ist dabei bei Bewusstsein und muss während der Operation Befehle befolgen. Leider eignet sich die Operation nur für einen kleinen Teil der Parkinson-Patienten.
Und trotz aller Therapie gehen immer noch Nervenzellen zugrunde, sodass die typischen Parkinsonbeschwerden zunehmen. Tiefer an die Wurzeln der Erkrankung gehen neuartige Zelltherapien, mit denen der Dopaminmangel behoben werden soll. Hier laufen erste klinische Versuche.
Adressen
Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. (dPV)
Moselstr. 31, 41464 Neuss,
Tel: 02131/410167, Fax: 02131/45445,
Internet: www.parkinson-vereinigung.de.
Email: info@parkinson-vereinigung.de.
Größte deutsche Selbsthilfevereinigung von Parkinson-Patienten.
Parkinson-Selbsthilfe Schneckenhaus e.V.,
Entenfang 7, 61197 Florstadt-Staden,
Tel: 06035/970306, Fax: 06035/970307.
Internet: www.parkinsonweb.com,
Email: parkinsonweb@t-online.de
Autor: Dr. med. Günter Gerhardt