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Tipp des Tages

Grippe - Viren tricksen das Immunsystem aus

Wenn jemand in die Praxis kommt und sagt, er habe die Grippe, dann ist es meist keine Grippe, sondern eine Erkältung. Denn eine Grippe tritt so schlagartig auf, dass es meist völlig ausgeschlossen ist, den Arzt noch in seiner Sprechstunde zu besuchen. Sie beginnt mit hohem Fieber, Gliederschmerzen und extremer Mattigkeit.
In kurzer Zeit kommen Halsschmerzen und trockener Husten hinzu. Dadurch wird der Hals wund und entzündet und es bilden sich Atemschmerzen. Hier zeigen sich übrigens schon die Unterschiede zu einer normalen Erkältung. Diese kommt nicht schlagartig, sondern schleichend innerhalb von mehreren Tagen. Außerdem sind bei einer Erkältung Halsschmerzen und Husten die ersten Anzeichen, während sie sich bei einer echten Grippe erst im zweiten Krankheitsschub einstellen.

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Die Erkältung ist außerdem eine vergleichsweise harmlose Angelegenheit. Trifft aber die Grippe einen sowieso schon geschwächten Menschen, kann es gut sein, dass er sich dadurch innerhalb von zwei Tagen in Lebensgefahr befindet.

Aber was ist das eigentlich für ein gefährlicher und schneller Erreger? Es ist ein Grippevirus (Orthomyxovirus influenzae Typ A und B), das durch „Tröpfcheninfektion“ verbreitet wird. Wenn ein Erkrankter spricht, niest oder hustet, gelangen die Viren in die Atemluft. 1,3 Meter weit können die Tröpfchen geschleudert werden. So werden mit einem kräftigen Nieser Millionen von Viren verteilt. Wird das Tröpfchen von einem anderen Menschen eingeatmet, versucht das enthaltene Grippevirus, sich in der Rachenschleimhaut festzusetzen, dort in eine Zelle bzw. den Zellkern einzudringen. Gelingt ihm dies, ist der nächste Mensch allein durch dieses einzelne Virus schon angesteckt. Denn innerhalb des Zellkerns ist das körpereigene Immunsystem machtlos und das Grippevirus geschützt.

Sechs Stunden braucht es, um 1.500 neue Grippeviren zu produzieren. Dann lösen sich diese von der Zelle, – dazu sitzt auf der Erregeroberfläche ein spezielles Werkzeug (Enzym) mit dem Namen Neuraminidase. Bei dem Vorgang stirbt die Zelle und die Viren überfluten den Körper. Sie besiedeln die nächsten Körperzellen, die dann auch wieder sterben, und erneut einen ganzen „Schwarm“ an Viren entlassen. 24 bis 48 Stunden nach der Ansteckung sind die Grippesymptome spürbar, aber schon vor Ausbruch der Krankheit können andere Menschen angesteckt werden.

Die Viren einer Grippewelle sind dabei meistens nicht die gleichen wie im Jahr zuvor. Sie sind zwar ähnlich, aber trotzdem verändert genug, damit das Immunsystem sie nicht erkennen kann. Dadurch muss das Immunsystem jedes Mal wieder von neuem Antikörper anpassen, und kann nicht einfach auf ein bereits vorhandenes „Muster von Antikörpern“ zurückgreifen.

In dieser Zeit haben die Viren sozusagen freies Spiel. Sie vermehren sich explosionsartig und wüten im Körper. Dabei zerstören sie unermüdlich das Gewebe der Atemwege. Vor allem das filigrane Lungengewebe ist betroffen. So kann es zu Komplikationen in den Atemwegen kommen. Die Viren können sich auch über den Blutweg weiter verteilen. Lungenentzündung und Herzerkrankungen sind die häufigsten Komplikationen, die zu den 8000 bis 16000 Grippetoten pro Jahr alleine in Deutschland führen.

Und wenn man denkt, man habe die Grippe gut überstanden, sind die Gefahren noch lange nicht vorüber. In den letzten Jahren haben sich die Anzeichen verdichtet, dass die Viren auch längerfristige Schäden anrichten. Vor allem rufen sie an Organen und in den Blutgefäßen chronische Entzündungen hervor. Gefäßverkalkung (Arteriosklerose), Herzinfarkt und Schlaganfall können häufiger vor, wenn ein Patient schon einmal an der Grippe erkrankt war. Auch die Entstehung eines Diabetes Typ 1 als Grippefolge wird untersucht.

Was tun? Am besten rechtzeitig impfen lassen. Jedes Jahr im Frühjahr wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zusammensetzung des neuen Grippeimpfstoffes empfohlen.
Die drei enthaltenen Grippestämme entsprechen denen, die nach WHO-Beobachtung am häufigsten kursierten. Wenn dann in den kalten Monaten die Grippewelle zu uns herüberschwappt, sind die geimpften Personen gerüstet, weil ihr Abwehrsystem sich schon mit den aktuellen Grippeviren auseinandersetzen konnte. Deshalb sollte der Grippeimpfschutz auch jedes Jahr aktualisiert werden.

Normalerweise starten die Grippeimpfungen im Spätsommer und Frühherbst. Dieses Jahr gab die Vereinigung der europäischen Grippeimpfstoffhersteller (European Vaccine Manufacturers) bekannt, dass aus produktionstechnischen Gründen der Impfstoff später erhältlich sein wird. Impfsaison sollte dieses Jahr Oktober bis Dezember sein. Sie können aber Ihren Arzt schon einmal daran erinnern, dass er frühzeitig den Impfstoff bestellt.

Eine Impfung ist wichtig für ältere und chronisch kranke Menschen, sowie für das medizinische Personal, Betreuungspersonen in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt neuerdings die Impfung auch für alle, die viel mit Geflügel zu tun haben. Ebenso für Reisende, denn in Flugzeug, Bahn und Bussen können die Erreger gut ausgetauscht werden (aktuelle Impfempfehlungen vom Juli 2006). Denn wenn es bei uns noch Spätsommer ist, herrscht auf der anderen Erdhalbkugel Winter – und damit beste Vermehrungszeit für die Grippeviren.

Antibiotika – ja oder nein?
Oft wird bei den ersten Anzeichen von Erkältung oder Grippe ein Antibiotikum eingenommen. Das ist aber wirkungslos, weil Antibiotika nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren helfen. Erst wenn sich im geschwächten Körper auch Bakterien einnisten, hilft ein Antibiotikum. Den richtigen Zeitpunkt erkennen Sie daran, dass das Nasensekret gelblich bis grünlich wird.

Es gibt aber einen Wirkstoff gegen das Grippevirus, den Neuraminidasehemmer. Er hindert die Viren daran, sich aus der Wirtszelle zu befreien und sich in den Körper zu ergießen. Das eine Medikament Tamiflu® wird als Tablette eingenommen. Das andere Medikament Relenza® wird eingeatmet. Wichtig sind auf jeden Fall Bettruhe, fiebersenkende Mittel und viel zu Trinken. Bei und nach einer Grippe sollten Sie auch das Immunsystem stärken. Nehmen Sie zweimal täglich 1 bis 2 Teelöffel Joghurt mit probiotischen Bakterien und rühren Sie 1 vollen Teelöffel Flohsamen hinein.

Grippe bei Kindern
Kinder sind besonders gefährdet, denn ihr Immunsystem ist noch in der Ausbildung. In ihrem Körper vermehren sich die Viren besonders stark. Und weil sie in Kindergarten und Schule immer mit vielen anderen Kindern und Erwachsenen zu tun haben, sind sie „das Feuer der Grippewelle“.

Bei Kindern bis zu fünf Jahren kann eine Grippe außerdem untypische Krankheitszeichen hervorrufen, sodass man die Erkrankung leicht fehldeutet. Plötzliche Übelkeit, Appetitlosigkeit, Durchfall und Hautausschlag sind Anzeichen. Grundsätzlich stehen Grippe-Impfstoffe für Babys ab dem sechsten Lebensmonat zur Verfügung. Autor: Dr. med. Günter Gerhardt

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